Frage an Reinhard Schmitz von renate m. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Herr Schmitz,
danke für ihre Antwort. Wie stehen die Piraten zum allg. Arbeitsmarkt? Unterstützen sie die eingeschlagene Richtung alles über Dienstleistungsfirmen abzudecken? Würden sie dies ändern wollen. Halten sie den Mindestlohn für sinnvoll und einen guten Weg? Um auf einen Artikel der letzten Woche einzugehen, warum gehen überall die Arbeitslosenzahlen zurück, nur im Land Bremen steigen sie....Und das obgleich uns doch im Dezember erzählt wurde, das gerade Merzedes sowie auch Acelor Metall Riesenaufträge an Land gezogen haben und damit sichere Standorte der Zukunft sind.... wie verbindet sich das??
Sehr geehrte Frau Mahnken,
wir PIRATEN empfinden die Entwicklung des allgemeinen Arbeitsmarktes als besorgniserregend, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Nun gut, mögen Sie sagen, als (außerparlamentarische) Opposition müssen sie das ja auch. Insofern mag es Sie verwundern, wenn ich an dieser Stelle einmal ausdrücklich die Bundesregierung und insbesondere das Arbeitsministerium lobe, denn dieses hat uns alle jüngst mit Zahlen versorgt, die unsrere Besorgnis eindrucksvoll untermauern. Ich hoffe, Sie verzeihen mir die leichte Ironie im letzten Satz.
Diesen Zahlen des Arbeitsministeriums zufolge ist die Anzahl der „atypisch“ Beschäftigten in den letzten 20 Jahren um mehr als 70% angestiegen. „Atypisch“ bedeutet: befristet, (erzwungene) Teilzeit mit 20 oder weniger Wochenstunden, Zeitarbeit, geringfügig beschäftigt. Gleichzeitig sank die Zahl der „normalen“ Arbeitsverhältnisse zwischen 1993 und 2013 von knapp 26 Millionen auf 24 Millionen. Das Ergebnis der ganzen Geschichte mal kurz zusammengefasst: Seit 20 Jahren ist der Umfang der geleisteten Arbeit praktisch gleich geblieben, er wurde nur auf mehr Schultern verteilt, und das zu deutlich schlechteren Bedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im GroKo-Deutsch heißt das übrigens "Job-Wunder“.
Sie fragen weiterhin nach unserer Haltung zum Mindestlohn. Nun, der Mindestlohn ist sicher ein Schrittchen in die richtige Richtung, in der Konsequenz aber weiße Salbe auf ein bösartiges Melanom. Ein zum Mindestlohn vollbeschäftigter Arbeitnehmer (40 Wochenstunden) kommt auf ein Monatsbrutto von gut 1.470,- Euro. Das bedeutet für eine(n) Verheiratete(n) mit zwei Kindern, Steuerklasse 3, ein Netto-Einkommen von etwa 1.175,- Euro. Ich bezweifele mal, dass das zum Lebensunterhalt eines 4-Personen-Haushalts ausreicht, lasse mich aber gern eines Besseren belehren.
Zu Ihrer letzten Frage: Dass die Arbeitslosenzahlen im Frühjahr zurückgehen, ist völlig normal. Das hat z.B. einfach damit zu tun, dass bestimmte Branchen - etwa die Baubranche - im Winter zwangsläufig weniger Aufträge hat, da das Wetter ein Arbeiten nicht erlaubt. Warum dieses saisonale, leichte Absinken der Arbeitslosenzahlen speziell in Bremen in diesem Jahr nicht spürbar ist, kann ich nicht sagen, würde ein saisonales Absinken aber auch ohnehin nicht für die Trendwende auf dem desolaten Bremer Arbeitsmarkt halten.
Was schließlich die von Ihnen erwähnten Großaufträge in den Bremer Werken von Mercedes-Benz und ArcelorMittal anbelangt, so halte ich es für relativ logisch und nachvollziehbar, dass diese nicht zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze führen, zumindest nicht langfristig. Zum einen gehe ich davon aus, dass beide Werke nicht am oberen Rand ihrer Kapazitätsauslastung arbeiten, also ein wenig Luft nach oben haben. Zum zweiten werden sie sicher kurzfristige Auftragsspitzen mit (hoffentlich wenigstens ordentlich bezahlten) Leih-Arbeitskräften kompensieren. Wenn, wie Sie schreiben, die neuen Aufträge dazu führen, dass die Bremer Werke von Mercedes-Benz und ArcelorMittal „sichere Standorte der Zukunft sind“, dann ist das eine wirklich gute Nachricht für die ansonsten ja wenig erfreuliche wirtschaftliche Situation im Land Bremen.
Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben. Sollten Sie weitere Fragen zu diesen oder anderen Themen haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gern zur Verfügung.
Mit den besten Grüßen,
Reinhard Schmitz