Frage an Reinhard Loske von Hauke F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Loske,
dem Bundestag liegt ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Schaffung steuerbefreiter Immobilienfonds vor – Bundestag Drucksache 16/4026.
Warum sollen Unternehmensformen geschaffen werden, welche von Steuerabgaben befreit sind? Worin besteht der volkswirtschaftliche Nutzen derartiger Fonds?
Offenbar besteht an REITs im Immobilienmarkt kein originäres Interesse, denn der Markt soll erst politisch geschaffen werden. S. 29 des Entwurfs:
"REITs können in Deutschland nur entstehen, wenn ausreichend adäquate Immobilien zur Verfügung stehen. Dazu müssen Unternehmen ihr unbewegliches Vermögen auf eine REIT-Aktiengesellschaft übertragen oder sich zu einer REIT-Aktiengesellschaft fortentwickeln. Damit sich deutsche REITs an den Kapitalmärkten etablieren, muss rasch eine hinreichende Marktbreite entstehen. Mit einer zeitlich auf drei Jahre befristeten Begünstigung durch den halben Wertansatz (Exit Tax) soll ein Anreiz zur Schaffung von REITs einerseits und der Hebung stiller Reserven anderseits geschaffen werden."
Geht es also bei den REITs ähnlich wie bei der Abschaffung der Steuern auf Veräußerungsgewinne von Unternehmensbeteiligungen primär um Steuergeschenke vor allem für Versicherungskonzerne, Banken und Unternehmen welche ihren Immobilienbesitz steuerschonend veräußern dürfen?
Warum sollen ohne erkennbaren Nutzen für die Allgemeinheit derartig großzügige Steuergeschenke für die Finanzwirtschaft gemacht werden?
Sehr geehrter Herr Fürstenwerth,
danke für Ihre Anfrage über www.abgeordnetenwatch.de zum Thema REITs. Nachdem REITs (Real Estate Investment Trusts) international schon seit geraumer Zeit auf dem Markt sind, sollen sie nun auch von deutschen Unternehmen angeboten werden dürfen. Entsprechend hat die Regierung nach langer Diskussion einen Gesetzentwurf vorgelegt, der allerdings Schwächen hat und wichtige Fragen offen lässt. Derweil geht der besonders von der SPD verteufelte Verkauf kommunaler Wohnungen an internationale Finanzinvestoren munter weiter. Dabei tut die SPD so, als ob die jetzige Regelung diese Entwicklung bremsen würde – ein Irrtum.
Man wird den Eindruck nicht los, dass die große Koalition unter dem Deckmantel "REITs für eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Finanzmarktakteure" vor allem neue und unnötige Ausnahmetatbestände einführen will. Ein Beispiel ist dafür die von Ihnen angesprochene Exit Tax: Sie soll Immobilienbesitzern einen Anreiz bieten, ihre Immobilien in einen REIT einzubringen. Wenn die Unternehmen auf diese Weise ihre stillen Reserven aufdecken, sollen diese in den ersten drei Jahren nur zur Hälfte besteuert werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung gilt die Steuervergünstigung Exit Tax auch gleich für offene Immobilienfonds und dann wahrscheinlich auch für geschlossene Fonds. Doch die Frage, was eine solche Vergünstigung rechtfertigt, bleibt völlig offen.
Auch die Sicherung der laufenden Besteuerung beim Anleger überzeugt nicht. Der deutsche REIT soll mindestens 90 Prozent seiner Gewinne an die Anleger ausschütten. Steuerlich wird ein REIT, obwohl er als Aktiengesellschaft gilt, wie ein Immobilienfonds behandelt: weder Körperschaftsteuer noch Gewerbesteuer werden fällig, sondern nur Einkommensteuer beim Anleger. Wie die Besteuerung bei ausländischen Anlegern und ausländischen Immobilien sichergestellt werden kann, bleibt offen. Auch die Landesfinanzminister haben da zu Recht große Bedenken. In dem vorliegenden Gesetzentwurf sind Wohnimmobilien weitgehend ausgenommen. Es dürfen nur Immobilien mit überwiegend gewerblicher Nutzung und ab dem Baujahr 2007 einbezogen werden. Aber es ist mehr als fraglich, ob diese Regelung lange hält.
Der Verkauf öffentlicher Wohnungsbestände an Fonds wird unabhängig der geplanten Regelungen weitergehen. Ein erklärtes Ziel der großen Koalition, das zu verhindern, wird mit diesem Entwurf nicht erreicht. Dabei gibt es Alternativen: Gerade bei Wohnimmobilien bieten sich in vielen Fällen Lösungen an wie der Verkauf an die Bewohner oder die Gründung von Genossenschaften. Für diese mieter- und stadtfreundliche Alternativen zum Verkauf an Finanzinvestoren werden wir uns im parlamentarischen Verfahren einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Reinhard Loske