Frage an Reinhard Houben von Regina W. bezüglich Humanitäre Hilfe
Sehr geehrter Herr Houben,
ich frage Sie, warum Sie am 04. März 2020 gegen die Aufnahme von 5000 besonders schutzbedürftigen Geflüchteten aus den griechischen Lagern gestimmt haben und wie Sie jetzt dazu stehen? Da zahlreiche Kommunen und Städte bereits erklärt haben Menschen auf der Flucht vor Krieg aufzunehmen, erschließt es sich mir nicht, wieso Sie dagegen gestimmt und diese ebenso dringenden wie leistbare Hilfe verweigert haben. Was werden Sie tun, um dieses Veräumnis aufzuholen?
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Die Lösung der Flüchtlingsproblematik kann aus unserer Sicht nur europäisch gelingen. Die Lage hat sich jedoch durch den Brand des Flüchtlingslagers Moria eindeutig geändert. Die ohnehin katastrophale Lage hat sich weiter verschärft, weshalb kurzfristige Unterstützung notwendig ist. Humanität ist Pflicht. In einem ersten Schritt ist es erforderlich, die akute Notlage zu bewältigen. Deutschland trägt durch die EU-Ratspräsidentschaft in dieser Situation eine besondere Verantwortung. Die Bundesregierung muss Griechenland jedwede Hilfe anbieten, um die akute Ausnahmesituation zu entspannen und eine angemessene Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge in Griechenland sicherzustellen. Deutschland könnte beispielsweise das THW und weitere Hilfskräfte zur Unterstützung entsenden, zur Verbesserung der hygienischen Lage und medizinischen Versorgung vor Ort. Weiter müssen Familien mit Kindern und unbegleitete Minderjährigen unter 14 Jahren schnellstmöglich evakuiert werden.
Alle weiteren Schutzsuchenden, die sich heute auf den griechischen Inseln befinden und die nach der Prüfung ihres Antrags eine Bleibeperspektive haben, sollten einmalig und schnell innerhalb der EU auf die aufnahmebereiten Mitgliedstaaten verteilt werden. Die Schutzsuchenden, deren Anträge bereits positiv beschieden worden sind, könnten bereits jetzt zügig innerhalb der EU auf die aufnahmebereiten Mitgliedstaaten verteilt werden. Alle anderen Schutzsuchenden müssen aber auch schnellstmöglich Rechtsklarheit erhalten. Dazu müssen vor Ort in Griechenland die Prozesse beschleunigt werden.
Notwendig bleibt aber auch eine langfristige gesamteuropäische Strategie, die auf Solidarität und auf echte Ursachenbekämpfung in den Herkunftsstaaten setzt.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Houben