Frage an Reinhard Grindel von Frank K. bezüglich Familie
Hallo Herr Grindel,
leider entsprach Ihr Vortrag am Freitag im BT zum Thema Ehegattennachzug inhaltlich keiner Erwartung.
Sie sprechen immer nur über die Probleme der türkischen Mitbürger mit diesem Gesetz. Die von der CDU tolererierte bzw. offensichtlich gewünschte Diskriminierung von Deutschen durch dieses Gesetz wird mit keinem Wort erwähnt. Warum nicht? Bei vielen Gesprächen im Arbeits- und Bekanntenumfeld löst immer wieder grosses Staunen und Ablehnung aus, dass ausgerechnet die CDU die Diskriminierung der deutschen Staatsbürger gegenüber jeden bei uns lebenden EU-Bürger mitträgt. Thematisiert u.a. in der Drucksache 16/10732 des Bundestages vom 29. 10. 2008 Seite 1/2. Diese dürfen nämlich den Ehegatten - wo auch immer der herkommt - ohne jede Einschränkung nachziehen lassen. "Ausnahmen gelten dagegen für Ehegatten von Bürgerinnen und Bürger aus der EU sowie für Bürgerinnen und Bürger einer Reihe von Staaten, die auch für einen längeren Aufenthalt visumsfrei einreisen können. Wenn die Deutschkenntnisse bei einem Nachzug zu deutschen Staatsbürgerinnen und Bürgern nachgewiesen werden müssen, beim Nachzug zu hier lebenden Ausländern bestimmter Nationalitäten aber nicht, dann kann man dies nur als drastisches Beispiel für „Inländerdiskriminierung“ werten."
Quelle: http://www.der-paritaetische.de/uploads/media/080827_Zwischenbilanz_Zuwanderungsgesetz_End.pdf In Österreich ist eine derartige Diskriminierung der eigenen Bürger übrigens verfassungsrechtlich verboten!
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Inl%C3%A4nderdiskriminierung
Ihr propagiertes Ziel ( Verhinderung von Zwangsehen) erreichen Sie sicherlich auch ohne Einbeziehen der deutschen Staatsbürger. Werden Sie sich dieses Themas annehmen und eine Streichung des entsprechenden Passus im Gesetz ( § 28 Familiennachzug zu Deutschen 1,1 § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.) empfehlen?
Falls nicht, warum nicht?
Danke für Ihre Antwort.
Gruss,
Frank Karnbach
Sehr geehrter Herr Karnbach,
man muss zwischen den verschiedenen Fallgestaltungen unterscheiden. EU-Bürger genießen innerhalb der EU grundsätzlich Freizügigkeit. Auf sie findet die Regelung über die verpflichtenden Deutschkenntnisse vor dem Ehegattennachzug keine Anwendung. Nach der neuesten Rechtsprechung des EuGH wäre es wohl tatsächlich so, dass Ausländer zu EU-Bürgern ziehen könnten, ohne Deutschkenntnisse nachweisen zu müssen. Dieses ist zur Verhinderung von Zwangsehen, aber vor allem auch integrationspolitisch, nicht gewollt. Die Rechtsprechung des EuGH ist insoweit nur schwer nachvollziehbar. Es ist daher Ziel der CDU/CSU im Deutschen Bundestag, den Bundesinnenminister um eine Initiative für eine entsprechende Änderung der Richtlinien zu bitten. Im Übrigen habe ich schon bei der von Ihnen angesprochenen Debatte im Bundestag deutlich gemacht, dass wir auch bei den Bürgern bestimmter Nationen, die von der Pflicht zum Nachweis einfacher Deutschkenntnisse ausgenommen sind, dann eine Ausnahme machen müssen, wenn dies aus besonderen integrationspolitischen Gründen – etwa einem atypisch längeren Aufenthalt in unserem Land – notwendig erscheint. Ihren Ausführungen zum Thema der sog. „Inländerdiskriminierung“ liegt ein Denkfehler zu Grunde. Aus integrationspolitischen Gründen ist bei der Frage der Deutschkenntnisse vor dem Familiennachzug nicht auf die Staatsbürgerschaft des in Deutschland lebenden Ehegatten abzustellen, sondern ausschließlich auf die notwendige Integration des nachziehenden Ehegatten. Offensichtlich ist dies in den Fällen, in denen ein Familiennachzug zu einem Deutschen mit Migrationshintergrund stattfindet. Gerade in solchen Fällen ist es häufig so, dass im häuslichen Bereich nicht etwa Deutsch, sondern die Sprache des bisherigen Herkunftslandes gesprochen wird. Insoweit wäre der Verzicht auf den Nachweis einfacher Deutschkenntnisse gerade im Hinblick auf später geborene Kinder aus integrationspolitischen Gründen verfehlt.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Grindel MdB