Frage an Reinhard Grindel von Klaus-Peter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Grindel!!
Voller Empörung erfuhr ich heute, daß die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sich bereits wieder eine Erhöhung ihrer Bezüge genehmigen wollen.
Als Begründung dafür wird die Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst angeführt.
Mir ist es unbegreiflich, was man für einen verdorbenen Charakter haben muß, um so unverfroren zu lügen.
Ich habe noch nichts von einer Erhöhung meiner Pension bemerkt. Stattdessen wird sie in den nächsten Jahren gekürzt.
Als Dank dafür, daß ich 46 Jahre lang und meine Frau, neben der Kindererziehung, 30 Jahre lang gearbeitet und Steuern bezahlt haben, werden uns wegen der völlig veralteten Steuertabelle zwei Monatsrenten der kläglichen Rente meiner Freu nachträglich weggesteuert.
Meine zwei Fragen lauten kurz, knapp und konkret und ich bitte um eine ebensolche Beantwortung:
1.) Wie ist ihre persönliche Meinung zu der angestrebten neuerlichen Erhöhung der Abgeordnetendiäten ?
2.) Werden Sie sich genau so zügig für die überfällige Aktualisierung der Steuerprogressionstabelle einsetzen, wie für die Erhöhung der Abgeordnetendiäten, nämlich durch dreimaliges Vorlesen im Bundestag innerhalb von zwei Wochen?
Der Satz unserer Kanzlerin: "Der Aufschwung kommt beim Bürger an" klingt mir noch wie Hohn in den Ohren. Unsere Mandatsträger werden es tatsächlich noch schaffen, die Wahlbeteiligung auf 30 % zu drücken.
Den Abgeordneten der SPD und der FDP brauche ich die Fragen nicht zu stellen, weil sie entweder gar nicht oder nur vorformuliert und ausweichend antworten.
Mit freundlichen Grüßen:
Klaus-Peter Klenner
Sehr geehrter Herr Klenner,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 06.05.2008.
Das Grundproblem beim Thema Diätenerhöhung ist der Vorwurf der Selbstbedienung, weil die Abgeordneten über ihr Einkommen selbst entscheiden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann diese Entscheidung aber nicht an ein unabhängiges Gremium übertragen werden, was ich durchaus begrüßen würde. Deshalb hat der Bundestag bereits im Jahre 1995 im Rahmen des Abgeordnetengesetzes objektivere Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe der Entschädigung der Parlamentarier festgelegt. Die monatlichen Bezüge der Abgeordneten haben sich danach an den Bezügen eines Richters bei einem obersten Gerichtshof des Bundes zu orientieren (Besoldungsgruppe R6).
Wegen verschiedener Nullrunden bei den Diäten in wirtschaftlich schlechteren Zeiten ist diese Angleichung der Abgeordnetenentschädigung aber nie vorgenommen worden. Erst im letzten Jahr hat der Bundestag angesichts der guten Wachstumszahlen und der zurückgehenden Arbeitslosigkeit eine Diätenerhöhung beschlossen, die in zwei Schritten zum 1.1.2008 und 1.1.2009 in etwa der Besoldung von Bundesrichtern entspricht.
Zeitgleich wird jetzt aber wiederum die Besoldung der Beamten und Richter durch die Umsetzung des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst rückwirkend zum 1.1.2008 und dann nochmals zum 1.1.2009 angehoben. Als Folge dieser tarifabschlussbedingten Besoldungserhöhung für Beamte und Richter haben die Fraktionsführungen von CDU/CSU und SPD beschlossen, auch den Abgeordneten eine vergleichbare Erhöhung ihrer Entschädigung zuzugestehen. Die zum Teil höheren Prozentsätze bei der Diätenerhöhung kommen jetzt also dadurch zu Stande, dass die Journalisten die - längst beschlossene - Erhöhung wegen Anpassung an das Gehalt der Bundesrichter und die jetzt beabsichtigte Erhöhung wegen des Tarifabschlusses zusammenzählen. Das haben natürlich auch die Fraktionsführungen im Blick gehabt. Deshalb erhalten die Bundestagsabgeordneten die Erhöhung wegen der Umsetzung des Tarifabschlusses erst mit einjähriger Verzögerung zum 1.1.2010. Die für den 1.1.2009 im Tarifabschluss vereinbarte einmalige Zahlung in Höhe von 225,- Euro erhalten die Abgeordneten gar nicht.
Jede Diätenerhöhung wird in der Öffentlichkeit kritisch bewertet. Im Vergleich zu verantwortungsvollen Positionen in der Wirtschaft oder der Wissenschaft ist die Entschädigung der Abgeordneten aber nicht unangemessen. Ich lade jeden Bürger ein, meine Arbeit in Berlin und vor Ort im Wahlkreis einmal zu begleiten. Meine Erfahrung ist, dass die Bürger, die nur ein paar Tage mein Arbeitspensum verfolgt haben, einschließlich Verpflichtungen am Wochenende, durchaus zu der Überzeugung gelangen, dass die Entschädigung in Ordnung geht.
Was ich allerdings wirklich nicht in Ordnung finde, ist der Populismus einiger Kollegen, die öffentlich Abscheu und Empörung über die Diätenerhöhung äußern und diese dann gleichwohl gerne mitnehmen. Ich bin ein loyaler Abgeordneter und lasse meine Fraktionsführung nicht im Regen stehen, wenngleich ich mir hätte auch andere Wege vorstellen können, mit denen man eine Kumulation der Erhöhungen der Diäten vermieden hätte.
Ich bin außerdem sehr dafür, dass wir die sog. kalte Progression gerade für Bezieher mittlerer Einkommen eindämmen. Das wird im Rahmen eines Steuerkonzepts der CDU sicher noch vor der Bundestagswahl dargestellt werden. Eine solche Änderung setzt aber voraus, dass wir unser Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht gefährden. Es ist aber völlig richtig, dass gerade Bezieher geringer und mittlerer Einkommen mehr Netto vom Brutto behalten müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Grindel MdB