Frage an Reinhard Grindel von Thomas P. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Grindel,
leider verursacht eine Ihrer Antworten an mich sowie eine Aussage an Herrn Padberg bei erhebliche Verwirrung, und dies nicht nur bei mir:
Laut §323c StGB ist jeder Bürger zur Hilfe verpflichtet und wird Freiheitsstrafe belegt, wenn er dies nicht tut. Die Rettungsdienste sichern zu, binnen 15 Minuten jeden Punkt Deutschlands zu erreichen. In meinen vielen EH-Kursen habe ich immer gelernt, daß gerade die ersten Minuten entscheidend sind um das Opfer aus der Gefahrenzone zu bringen und die lebensrettenden Sofortmaßnahmen einzuleiten. Wenn jetzt, so wie Sie schreiben, nur noch der Rettungsdienst für die Befreiung des Verunfallten aus der Gefahrenzone zuständig ist, hat sich doch alles vorherige und anschließende für den Ersthelfer erledigt. Ist mit dem neuen Waffengesetz dieser §323 StGB außer Kraft gesetzt worden und sind jetzt nur noch die Rettungsdienste in der Pflicht?
In Ihrer Antwort an Herrn Padberg schreiben Sie "extrem konstruierte Fallkonstellationen" und geben (für mich) zu verstehen, daß das Beispiel "Rettungseinsätze durch Ersthelfer" nicht realistisch sei. Wenn dem so ist, warum gibt es dann im StGB einen Paragraphen 323c, der sogar mit Freiheitsstrafe droht, wenn Hilfe-Fälle nur "konstruierte Situationen" sind?
Damit der Leser Ihre Antworten bewerten kann, wäre es von Interesse, ob Sie schon mal das prägende Erlebnis hatten, auf einer Landstraße als erster (nach den Insassen des verunfallten Fahrzeuges) an einen Unfallort eingetroffen zu sein. Mich hat dieses Erlebnis bis heute - knapp 20 Jahre nach dem ersten von zwei Fällen - geprägt.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin bereit auf mein griffbereites Einhandmesser zu verzichten, wenn:
- der Gesetzgeber sicherstellt, daß man in keine Situation gerät, in der ich ein Einhandmesser als Rettungsmesser benötigen würde.
- ich durch den §323c StGB nicht zur Hilfeleistung verpflichtet und bei Unterlassung mit Freiheitsstrafe bedroht zu werde.
Mit freundlichen Grüßen.
Thomas Posselt
Sehr geehrter Herr Posselt,
ich möchte heute ein letztes Mal und sehr deutlich auf Ihre Anfragen zum immer gleichen Thema antworten, da Sie die vorherigen Signale offenbar nicht bemerkt haben.
Ich finde es betrüblich, dass Sie Lobbyinteressen als Sorge um die Leistung von Erster Hilfe in Deutschland tarnen. Solche Versuche, Politik und Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen, sind geeignet, einem Projekt wie Abgeordnetenwatch beständig Seriosität zu entziehen. Obwohl ich fest davon ausgehe, dass die von Ihnen erzeugten "Missverständnisse" bei Ihnen selbst durchaus nicht bestehen, werde ich auf Ihre Punkte noch einmal eingehen, damit sich die Öffentlichkeit ein Bild von Ihrem Vorgehen machen kann.
Der von Ihnen gerne angeführte § 323c des Strafgesetzbuches verpflichtet zur Hilfeleistung im Rahmen der für den Einzelnen bestehenden Möglichkeiten, wie dem Text auch deutlich zu entnehmen ist. Schon das sofortige Alarmieren des von Ihnen offensichtlich geringgeschätzten Rettungsdienstes ist ein erheblicher Teil der Erfüllung dieser Verpflichtung, wie Sie in den von Ihnen scheinbar vielen besuchten Erste-Hilfe-Kursen gelernt haben müssten. Das Strafgesetzbuch verpflichtet dagegen selbstverständlich nicht dazu, ständig Rettungsgerät, als das Sie Einhandmesser gerne darstellen möchten, am Gürtel mitzuführen. Nach der von Ihnen konstruierten Logik müssten Sie jederzeit auch einen Feuerlöscher, einen Defibrillator oder eine Hydraulikschere am Gürtel mitführen.
Ich habe aber größtes Verständnis für die Mitbürger, die gerne zumindest ein einfaches Rettungswerkzeug mitführen möchten, um ihre Möglichkeiten zur Leistung von Erster Hilfe zu erweitern – wozu sie gesetzlich nicht verpflichtet sind. Sie versuchen nun das Einhandmesser als dafür am besten geeignetes Mittel darzustellen, um unsere Bemühungen zur Verbesserung der Inneren Sicherheit durch die Beschränkung des Mitführens von überdurchschnittlich gefährlichen Gegenständen zu torpedieren. Ich gehe dabei fest davon aus, dass Ihnen bekannt ist, dass es eine Vielzahl von Gurtschneidern und handlichen Rettungsklingen gibt, die als Werkzeug in den von Ihnen zusammengetragenen möglichen Notfällen nicht nur deutlich besser geeignet sind als ein Einhandmesser, sondern denen auch – ganz im Gegensatz zu Einhandmessern – jegliche Eignung als schnell und verdeckt einzusetzende Stichwaffe fehlt.
Ich gehe davon aus, dass die Diskussion damit beendet ist und möchte Sie bitten, weitere Täuschungsversuche der Öffentlichkeit zu unterlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Grindel MdB