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Frage von Willi R. •

Frage an Reinhard Grindel von Willi R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Grindel,

danke für Ihre Antworten, zum Plebizit bzw. dessen Ablehnung. Leider werfen Sie damit, weitere Fragen auf.

Sie schreiben: „Die parlamentarische Demokratie hat unserem Land Stabilität beschert“.
Wie bitte? - was meinen Sie denn konkret damit? - wer, oder was ist denn stabil geblieben, oder stabiler geworden?

Sie schreiben: „Komplexe Sachverhalte erfordern den Ausgleich von Interessen“.
Wie bitte? - wessen Interessen sind denn für Sie wichtiger, als das Interesse daran,Schaden vom deutschen Volke abzuwenden?

Sie schreiben: „Nur der parlamentarische Prozess führt zu sinnvollen Kompromissen“.
Wie bitte? - auf welche Weise verhindert ein Plebizit – bitteschön – denn den parlamentarischen Prozeß? - oder Kompromissfindungen“?

Sie schreiben: „Plebiszite laufen Gefahr, für andere politische Zwecke missbraucht zu werden“.
Wie bitte? - welche belastbaren Beispiele können Sie hier benennen? - meines Wissens gab es in der BRD, von Wahlen abgesehen, noch nie ein Plebiszit. Welche missgräuchliche Zwecke meinen Sie also?

Sie schreiben: „Wegen geringer Beteiligung fehlt ihnen oftmals die demokratische Legitimation“.
Wie bitte? - worauf stützen Sie diese Behauptung? - ab wann kann ein Beteiligungsergebnis einen Legitimitätsanspruch begründen? Beispiel: Die letzte Wahl bescherte ihrer Partei noch nicht einmal 1/3 der Stimmen aller Wahlberechtigten.

Aus der Summe ihrer bisherigen Antworten ergibt sich für mich die Frage: Wo habe ich, innerhalb meines Demokratieverständnisses, es einzuordnen, daß einerseits, den Wählern/innen, bei Kommunal- Landtags- oder Bundestagswahlen, mit dem größten Selbstverständnis, eine entsprechenden Wahlkompetenz unterstellt wird, diese jedoch, im Bezug zum Plebiszit, schlicht abgesprochen, wird?

Mit freundlichen Grüßen
Willi Riebesehl

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Riebesehl,

Ihre neuerlichen Fragen beantworte ich wie folgt:

1. Sie können doch nicht ernsthaft bestreiten, dass wir in Deutschland seit 64 Jahren in einer stabilen Demokratie leben, die sich insoweit fundamental von der politischen Situation in Zeiten der Weimarer Republik unterscheidet. Dass Ursache für diese Stabilität auch unser repräsentatives parlamentarisches System ist, daran kann kein Zweifel sein.

2. Selbstverständlich ist es Aufgabe eines jeden Abgeordneten, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Aber die Frage, wie man das tut, lässt sich nicht auf ein simples Ja oder Nein reduzieren. Die Bedingungen der Euro-Rettung, Streitfragen in der Sozialversicherung oder die Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens sind von so viel unterschiedlichen politischen Erwägungen gekennzeichnet, die es miteinander abzuwägen und in einen vernünftigen Kompromiss zu bringen gilt, so dass sie für eine bundesweite Volksabstimmung mit der Alternative Ja oder Nein wirklich nicht geeignet sind. Dieses wollte ich mit meiner Bemerkung verdeutlichen.

3. Selbstverständlich hat es in der Vergangenheit in den Ländern und Kommunen eine Vielzahl von Bürgerentscheidungen und Volksabstimmungen gegeben, bei denen nicht nur die tatsächlich zur Entscheidung stehende Frage für das Votum der Bürger eine Rolle gespielt hat, sondern auch darüber hinausgehende Erwägungen, wie den jeweils in der Regierungsverantwortung stehenden Politikern einen Denkzettel zu erteilen. Auch das jüngste Votum in Bayern zur Durchführung von Olympia 2022 hat in seinen tieferen Gründen nicht allein nur etwas mit der Inanspruchnahme bestimmter Flächen oder den Kosten für die Durchführung einer Olympiade in München und Umgebung zu tun, sondern die aktuellen Diskussionen über die Winterspiele in Sotschi, das Ansehen des IOC schlechthin und ein generelles Misstrauen gegen Großveranstaltungen haben nachweislich für viele Wähler eine mindestens ebenso große Rolle gespielt. Auch aus anderen EU-Staaten, die einen landesweiten Volksentscheid kennen, wird berichtet, dass dort selbstverständlich aktuelle allgemeine politische Erwägungen bei der Entscheidung der Menschen immer eine große Rolle gespielt haben, wogegen die eigentliche Abstimmungsfrage sogar oftmals in den Hintergrund getreten ist.

4. Wenn wir beim Beispiel der Olympia-Entscheidung in München und Umgebung bleiben, so haben dort nach meinem Wissen etwa 27 Prozent der Stimmberechtigten sich beteiligt. Angesichts der knappen Mehrheit bedeutet das im Ergebnis, dass kaum mehr als 15 Prozent aller Bürger in den betroffenen Kommunen die Entscheidung am Ende bestimmt haben. Sie werden es nachvollziehen, dass ich das nicht für eine überzeugende Legitimation halten würde, wenn wir es auf Bundesebene mit ähnlichen Beteiligungsquoten zu tun hätten.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Grindel MdB