Frage an Reinhard Bütikofer von Matthias J. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Bütigkofer,
leider ist der Trend zu immer schwereren und größeren Privatfahrzeugen immer noch ungebremst. Stichworte SUV, Spacetourer, Pickups usw..
Klar, wer in einem höheren Fahrzeug sitzt, hat einen besseren Überblick.
Wer mehr Masse um sich hat, hat im Falle eines Unfalls bessere Karten.
Und mehr Platz ist auch bequem.
Zudem wird einem nicht so leicht die Vorfahrt genommen, wie wenn man z. B. in einem Nissan Micra unterwegs ist.
Doch kann dies nicht im Sinne der Allgemeinheit sein: Die dicken Fahrzeuge versperren anderen Verkehrsteilnehmern die Sicht, die Unfallrisiken steigen für die Nicht-Insassen, z. B. für Fußgänger und Zweiradfahrer, die Straßen werden durch das unglaubliche Gewicht übermäßig belastet. Auch sind manche Straßen nun zu schmal, bei Begegnungen von übermäßig breiten Fahrzeugen kommt der Verkehrsflus ins Stocken; wehe dem Fahrradfahrer, der einem Überholmanöver im Weg ist, und auch auf Parkplätzen wird gerne mal "für zwei" geparkt. Und dann wird erwartet, dass Straßen verbreitert und Parkhäuser umgebaut werden... Dazu kommt ein unglaublich hoher Verbrauch mit entsprechend hohem Schadstoff-Ausstoß. Auch die elektrische Version solcher Protzpanzer macht ökologisch keinen Sinn.
Jemand hat mir erklärt, dass diese schweren Fahrzeuge sich auch aufgrund falscher steuerlicher Anreize ausbreiten: Die Mehrheit der PKW kommen als Dienstfahrzeug auf den Markt und das Verhältnis von Abschreibung und Wiederverkaufwert sei halt bei solchen Fahrzeugen deutlich besser als bei "Vernunft-Autos".
Welche Ansätze verfolgen Sie, diesen Trend umzukehren? Spricht etwas dagegen, restriktivere Vorgaben für Dienstwagen zu machen und alles was schwerer ist als 1,5 Tonnen oder mehr als 130 PS hat, ohne das dies für einen speziellen Zweck als Nutzfahrzeug technisch erforderlich ist, überproportional zu besteuern?
Sehrt geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich stimme Ihnen zu, klimaschädliche Verkehrsträger dürfen nicht länger auf Kosten der Umwelt, der steuerzahlenden und zukünftiger Generationen künstlich vergünstigst werden. Mindestens sollte es gleiche Regeln bei Steuern, Abgaben und Investitionen geben. Allerdings liegt die Kompetenz für die Fahrzeugbesteuerung bei den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten. Es wäre sicher hilfreich, sich hierfür ebenfalls an die Bundesregierung und die dort zuständigen Ministerien zu wenden. Auf Bundesebene wollen wir Grüne die derzeit sehr niedrige pauschale Besteuerung der Privatnutzung von Dienstwagen in Höhe von 1 Prozent des Listenpreises ökologisieren. Nutzer von Fahrzeugen mit einem hohen CO2-Ausstoß wollen wir höher besteuern als die, deren Autos die europäischen Grenzwerte einhalten, um die ökologischen Dreckschleudern endlich zu sanktionieren. Emissionsfreie reine E-Fahrzeuge wollen wir mit 0,5 Prozent besteuern.
Wir Grüne im Europäischen Parlament setzen uns wo es möglich ist für den Verzicht von großen Fahrzeugen auf europäischer Ebene ein. Im Dezember 2017 legten wir zum Beispiel einen Eigeninitiativbericht vor zu einer europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität, den Sie hier finden können: http://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2017-0503_DE.html Außerdem haben wir uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass sogenannte Gigaliner, das sind überlange LKWs, europaweit nicht zugelassen werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Mit besten Grüßen
Reinhard Bütikofer