Frage an Reinhard Brandl von Jason B. bezüglich Recht
Guten Tag Herr Dr. Reinhard Brandl,
die Blockchaintechnologie wird immer wichtiger. Deutschland sollte diesen Zug nicht wieder verpassen.
Wie gehen sie damit um, dass nun Kinderpornografie auf der Bitcoin-Blockchain gefunden wurde? (1)
Das macht die Bitcoin-Coresoftware in Deutschland illegal. (2) Gibt es dazu Lösungsansätze?
Besonders hier in Ingolstadt, als Technologiestandpunkt, ist das Thema besonders wichtig.
Herzlichen Grüße
Jason B.
(1) www.heise.de/newsticker/meldung/Bitcoin-Forscher-finden-Kinderpornographie-in-der-Blockchain-4000693.html
(2) www.youtube.com/watch?v=l7Eh1KbrUuI
Sehr geehrter Herr B.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zur Blockchaintechnologie und den Missbrauch der Bitcoin-Blockchain. Der von Ihnen zitierte heise-Artikel beruft sich auf eine Veröffentlichung der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sowie der Goethe-Universität Frankfurt. Zur Prüfung und Bewertung dieser Veröffentlichungen wurden das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und das Bundeskriminalamt (BKA) beteiligt.
Besonders problematisch ist, wie Sie bereits beschrieben haben, dass durch die Konstruktion der Bitcoin-Blockchain alle (auch unerwünschte) Daten unwiderrufbar in die Blockchain gespeichert werden und dort nicht mehr gelöscht werden können. Handelt es sich bei den Daten um Verweise auf externe Speicherorte – beispielweise Links auf die Kinderpornografie – so können möglicherweise die externen Zieldaten gelöscht und damit von der Blockchain aus unerreichbar gemacht werden. Andererseits können auch bei zunächst harmlos erscheinenden Links in der Blockchain nachträglich noch illegale Inhalte im Ziel hinterlegt werden.
In einem weiteren Papier der Forscher von der RWTH Aachen werden mögliche Gegenmaßnahmen für das Einbringen von unerwünschtem Inhalt in die Bitcoin-Blockchain diskutiert. Alle dort diskutierten Maßnahmen können jedoch nach Aussage der Autoren anstößige oder illegale Daten in der Bitcoin-Blockchain nicht vollständig ausschließen.
Entsprechende Fälle der Verbreitung, des Besitzes oder der Drittbesitzverschaffung von kinderpornografischem Material in der Bitcoin-Blockchain sind dem BKA jedoch bislang nicht bekannt geworden. Nach meinen Informationen wurde bei der Staatsanwaltschaft Hannover nach Veröffentlichung des heise-Artikels Strafanzeige erstattet. Der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung in Deutschland wird noch geprüft. Weitere Fälle von Verweisen auf direkt eingebettete Inhalte inkriminierten Materials sind dem BKA nicht bekannt.
Sobald dem BKA – oder jeder anderen Polizeidienststelle – belastende Inhalte bekannt würden (sei es durch eigene Recherchen oder durch Hinweise Dritter), hätte dies Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhaltes zur Folge. Lägen Informationen zu einem in Deutschland lebenden Beschuldigten vor, würden die Daten an die örtlich zuständigen Behörden übermittelt, die Maßnahmen in eigener Zuständigkeit einleiten könnten. Weisen die Spuren ins Ausland, wären sämtliche vorliegende Informationen vom BKA an den zuständigen Staat zu übermitteln.
Nach Einschätzung der zuständigen Experten erfordert das Einfügen von zusätzlichen Inhalten in die Blockchain erhebliches technisches Fachwissen. Dazu ist der zur Verfügung stehende Speicherplatz sehr begrenzt. Eine massenhafte Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie ist daher eher unwahrscheinlich. Sollte sich ein Nutzer der Bitcoin-Blockchain nachweislich unbeabsichtigt mit dem Download auch strafrechtlich relevante Inhalte heruntergeladen haben, so dürften diese Fälle vermutlich mangels Vorsatz von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Brandl