Frage an Reinhard Brandl von Horst S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Brandl,
ich kontaktiere Sie als Abgeordneter zum Sachverhalt : Beiträge zur gesetzl. Krankenversicherung u. Pflegeversicherung bei Auszahlung einer Direkt (-lebens-) versicherung.
Als Betroffener teilte mir meine Krankenkasse mit , daß ich auf den Auszahlungsbetrag einer Direktvers. 10 Jahre lang mtl. Beiträge zur KV u. PV zu zahlen habe. Dies jeweils zum vollen Beitragssatz ! Begründet wird diese Sauerei mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz bzw. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V . Danach gilt dies rückwirkend auch für vor 2004 abgeschlossene Verträge. Sowohl in dieser Rückwirkung für Altverträge als auch in der Anwendung des vollen Beitragssatzes ( AG- zzgl. AN-anteil ) tritt eine ungerechtfertigte Belastung jahrelanger Altersvorsorge ein ! Die jahrelangen Ansparungen durch Gehaltsumwandlung eines Teils des Bruttogehaltes für die Altersvorsorge sparte sowohl der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge (dies ist/war das Geschäftsmodell der Direktversicherer um diese den Arbeitgebern überhaupt schmackhaft zu machen). Bei Auszahlung der Versicherung wird nun nicht nur der Vorteil des ersparten AN-anteils der KV+PV rückgängig gemacht, sondern zusätzlich vom Arbeitnehmer auch noch der ersparte Arbeitgeberanteil der KV+PV praktisch zurückverlangt (incl. von den erwirtschafteten Erträgen der LV !). In diesem Zusammenhang hätte ich gerne von Ihnen gewußt, ob Gesetzesiniativen zur Abschaffung dieser Sauerei laufen bzw. (im Hinblick auf die anstehenden Wahlen in 2013 ) von der CDU/CSU beabsichtigt sind ?
Mit freundlichen Grüßen
Horst Schumann
Sehr geehrter Herr Schumann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 17. Februar 2013 zur Beitragspflicht auf Direktversicherungen gemäß § 229 SGB V. Im Folgenden möchte ich Ihnen dazu die Position der CSU-Landesgruppe darlegen.
Die Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes auf Betriebsrenten und Versorgungsbezüge geht auf das Gesetz der rot-grünen Bundesregierung zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) aus dem Jahr 2003 zurück. Die Regelung kam zustande, weil die eigenen Beitragszahlungen der Rentner nur noch rund 40 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der Krankenversicherung abgedeckt haben. Im Vergleich dazu waren im Jahr 1973 die Leistungsaufwendungen der Krankenkassen für Rentner in den alten Ländern noch zu rund 72 Prozent durch die für sie gezahlten Beiträge gedeckt.
Um erwerbstätige Beitragszahler nicht noch stärker zu belasten und die Lohnnebenkosten zu senken, war es notwendig, die Rentner wieder verstärkt an der Finanzierung ihrer Leistungsausgaben zu beteiligen.
Zudem sind Krankenversicherungsbeiträge auf Betriebsrenten seit jeher vom Versicherten alleine zu tragen. Damit sollte die Bereitschaft des Arbeitgebers erhalten und gefördert werden, sich freiwillig am Aufbau einer Betriebsrente mit eigenen finanziellen Aufwendungen zu beteiligen. Allerdings wurde in der Vergangenheit auf Betriebsrenten für pflichtversicherte Rentner nur ein halber Beitrag an die Krankenkassen abgeführt, während für Betriebsrenten bei freiwillig versicherten Rentnern der volle Beitrag gezahlt wurde. Diese Ungleichbehandlung wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2004 beseitigt.
Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Gesetzesänderung im Herbst 2010 als verfassungsgemäß eingestuft. Damit können Kapitalleistungen aus betrieblichen Direktversicherungen den Versorgungsbezügen nach § 229 SGB V gleichgestellt und somit der Beitragspflicht unterworfen werden. Da der Gesetzgeber berechtigt ist, jüngere Krankenversicherte bei der Finanzierung zu entlasten und die Rentner zur Finanzierung heranzuziehen, sei diese Regelung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
Als Gegenleistung steht der Beitragspflicht der Bestand des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenüber. Die Versicherten sind im Rahmen des Solidaritätsprinzips an der Finanzierung der GKV beteiligt und erhalten hierfür den umfassenden Krankenversicherungsschutz.
Ich verstehe, dass die Mehrbelastung bei Direktversicherungen Sie offensichtlich trifft, aber bitte Sie jedoch zu bedenken, dass voreilige und unüberlegte Änderungen an der Finanzierung die Einführung von Zusatzbeiträgen nach sich ziehen könnte. Inwieweit Änderungen der Rechtslage zu erwarten sind, kann ich nicht absehen. Ich habe aber Ihr Anliegen an die zuständigen Kollegen weitergegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Brandl