Frage an Regina Poersch von Gerhard R. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Poersch,
darf die Abwälzung staatlicher Aufgaben auf Private zu Lasten der Sicherheit der Menschen gehen?
In Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern geschah dies: Genehmigungsfreistellungen für Wohnungen.
Wegen Baumängel wurde jetzt in NRW das Freistellungsverfahren komplett abgeschafft und durch Baugenehmigungen ersetzt.
Dazu:
http://www.mbwsv.nrw.de/bauen/bauaufsicht/Landesbauordnung/index.php
Soll man in Schleswig-Holstein die für den Staat kostengünstigen Genehmigungs-
freistellungen beibehalten?
Falls ja:
Brauchen wir dann wesentlich mehr Kontrollen durch die Bauaufsicht?
Sind diese Kontrollen besonders wichtig, wenn in Häusern
mit mehr als 10 Wohnungen ein Dachgeschoss als Wohnung zum Zwecke der Vermietung ausgebaut werden soll?
Wird die SPD sich im Landtag dafür einsetzen, dass es ab jetzt
mehr Kontrollen durch die Bauämter gibt?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich wie folgt beantworten möchte.
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass das Freistellungsverfahren vor allem zur Erleichterung privater Bauherren und weniger zur Kostenentlastung der Behörden eingeführt wurde. Ziel war es, vor allem den Wohnungsbau und die Bildung von selbst genutztem Wohneigentum zu fördern. Dazu wurden Vorhaben, die im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplan errichtet wurden, vom üblichen Bauantragsverfahren freigestellt, jedoch natürlich nicht von der Verpflichtung befreit, sich an die Festsetzungen des Bebauungsplanes zu halten. Der Mehraufwand für die Bearbeitung der Bauanträge vor der Einführung des Vereinfachten Verfahrens wurde durch einen erhöhten Kontroll- und Beratungsaufwand für die Unteren Bauaufsichtsbehörden ersetzt, so dass es sich hier nicht um eine Verlagerung staatlicher Aufgaben auf Private handelt. Vielmehr ist die Kehrseite des Verzichts auf präventive Kontrolle durch den Staat natürlich eine Steigerung der Verantwortung für die Bauvorlagenberechtigten und sonstigen Verantwortlichen. Dieses hat aus meiner Sicht aber auch etwas mit dem Verständnis für die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger zu tun. In Schleswig-Holstein war die Einführung des Baufreistellungsverfahrens auch ein Ausdruck dafür, dass der Staat seinen Bürgern nicht grundsätzlich misstraut, sondern zunächst davon ausgeht, dass sie sich rechtstreu verhalten und die Regeln, hier die des Baurechts, befolgen. Dieses Vertrauen ist auch in den allermeisten Fällen berechtigt. Erst wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieses nicht der Fall ist, muss der Staat einschreiten, dafür sieht die Landesbauordnung nach wie vor die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen vor. Mir liegen keine konkreten Hinweise darauf vor, dass die Unteren Bauaufsichtsbehörden in Schleswig-Holstein ihrer Kontrolltätigkeit nicht nachkommen. Bei der Lektüre des Berichtes des Petitionsausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtages könnte man eher den Eindruck gewinnen, dass unsere Bauämter eher besonders fleißig sind, wenn sich Menschen an uns wenden, weil sie mit Entscheidungen der Behörden nicht einverstanden sind, diese i. d. R. aber von den Gerichten bestätigt wurden.
Über die von Ihnen angesprochenen Verhältnisse in Nordrhein-Westfahlen kann ich aus eigener Wahrnehmung nichts sagen und möchte deshalb dazu auch nicht äußern. Die Erfahrungen mit dem Baufreistellungsverfahren in Schleswig-Holstein geben für mich jedenfalls keinen Anlass dafür, an der gegenwärtigen Praxis etwas zu verändern.
Mit freundlichen Grüßen
Regina Poersch, MdL