Frage an Regina Poersch von Sven K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Poersch,
ländliche Regionen in SH sind derzeit trotz erheblicher Überkapazitäten in der Fleischerzeugung der Schauplatz eines massiven Ausbaus von Intensivtierhaltungsanlagen. Dies wird von vielen gar nicht wahrgenommen, birgt aber m. E. erhebliche Gesundheits- und Umweltgefahren, die nicht wieder gutgemacht werden können. Der Tierschutz bleibt ohnehin auf der Strecke.
Was werden Sie bzw. Ihre Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung ganz konkret unternehmen, damit Schweinen nicht mehr vorbeugend die Schwänze amputiert und Geflügel nicht mehr die Schnäbel abgebrannt werden wie es in der Intensiv-Tierhaltung heutzutage (durch anscheinend generelle! Ausnahmeregelungen) üblich ist, um bei durch nicht artgerechte Haltungsbedingungen häufige Aggressionen die Verletzungen zu mindern?
Mit welchen ganz konkreten Maßnahmen gedenken Sie vor dem Hintergrund von Waldschäden, erheblichen Geruchsbelastungen im ländlichen Raum und für die Natur schädlichen Stickstoffeinträge durch die Ausbringung immer größerer Güllemengen aufgrund der zunehmenden Industrialisierung in der Landwirtschaft- die Ammoniakemissionen aus der industriellen Tierhaltung auf das Maß zurückzuführen, auf welches sich die Bundesregierung gegenüber der EU vertraglich verpflichtet hat und derzeit nicht einhält?
Mit welchen ganz konkreten Maßnahmen werden Sie konkret Verbraucher und Anwohner von industriellen Tierhaltungsbetrieben vor den gesundheitlichen Folgen von in Gülle, Boden, Stallabluft und sogar im Fleisch nachgewiesenen resistenten Keimen (MRSA, Klebsiellen, ESBL, etc.) und Medikamentenresten in Gülle und Boden schützen? Wie bewerten Sie diese Risiken, sehen Sie angesichts der Parallelen zu den Krankenhauskeimen in diesen sogenannten Zoonosen eine Gesundheitsgefahr?
Mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Herr Koschinski,
wir haben in unserem Regierungsprogramm zur Landtagswahl das Ziel klar beschrieben: Wir wollen den hohen Standard unserer Landwirtschaft mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise verbinden und hierfür Finanzmittel umschichten.
Um der zunehmenden Intensivtierhaltung Herr zu werden, ist neben der Umschichtung finanzieller Mittel ein weiterer Ansatz, künftig die Privilegierung großer gewerblicher Tierhaltungsanlagen im Außenbereich (§ 35 BauGB) zu begrenzen und sie an die Aufstellung eines Bebauungsplanes zu knüpfen. Doch auch das allein wird nicht ausreichen. Denn derzeit sind Intensivtierhaltungsanlagen nicht nur durch den § 35 privilegiert, sondern auch durch unzureichende immissionsschutzrechtliche Vorschriften. Die in der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung genannten Bestandsobergrenzen sollten aus meiner Sicht und der Sicht der SPD überprüft und nach unten verändert werden. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber durch die Ausnahmeregelung im Baugesetzbuch die Entwicklungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe unterstützen. Das muss auch in Zukunft möglich sein, dafür brauchen wir aber eine Präzisierung der Definition des Begriffs der Landwirtschaft in § 201 Baugesetzbuch. Die bisherige Definition, dass das für den Betrieb benötigte Futter zu mehr als 50% auf betrieblichen Flächen erzeugt werden kann, hat die von Ihnen und mir kritisierte Entwicklung nicht verhindern können. Durch eine Neufassung des § 35 BauGB könnten den Kommunen bei Intensivtierhaltungsanlagen praktisch wirksame und effektiv handhabbare planungsrechtliche Möglichkeiten zur Steuerung und auch zum Ausschluss solcher Anlagen gegeben werden.
Wir wollen in Schleswig-Holstein auch in Zukunft eine bäuerliche Landwirtschaft erhalten und stärken. Dazu gehört auch eine Tierhaltung, die artgerecht ist und den spezifischen Tierschutz berücksichtigt.
Mit freundlichen Grüßen
Regina Poersch