Liebe Frau Alabali-Radovan, sollte die Mindestlohnkommission abgeschafft werden, um altersarmutsfeste Löhne zu erarbeiten? Wie hoch sollte der Lohn wirklich aus Ihrer Sicht sein? Vielen Dank Roman M
Sehr geehrter Herr M.,
der Vorschlag der Mindestlohnkommission, den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in den kommenden beiden Jahren in zwei Stufen um jeweils 41 Cent anzuheben, wird zu Recht als unfair und unangemessen empfunden. Diese von der Mindestlohn-Kommission vorgeschlagene Erhöhung ist viel zu gering und wird weder der allgemeinen Lohnentwicklung noch der hohen Inflation, insbesondere bei Energie und Lebensmitteln, gerecht. Dass diese Empfehlung der Kommission erstmals nicht einvernehmlich, sondern mit der Mehrheit der Arbeitgeber gegen die Stimmen der Arbeitnehmer beschlossen worden ist, schadet der Akzeptanz der Kommission. Es ist und bleibt richtig, dass die Lohnfindung in Deutschland in den Händen der Tarifpartner liegt, doch auch in Tarifverhandlungen führt am Ende nur der Konsens zum Abschluss.
Als SPD wollen wir Vorschläge entwickeln, wie das Ziel eines angemessenen Mindestschutzes der Beschäftigten durch die Empfehlungen der Mindestlohnkommission besser erreicht werden kann. Im Ergebnis soll das in einem Mechanismus münden, der zu einer deutlichen Erhöhung des Mindestlohns führt. Die Empfehlungen der EU-Mindestlohnrichtlinie sind dabei eine wichtige Grundlage. Zu einem Gesamtkonzept für gerechtere Bezahlung der breiten Arbeitnehmerschaft gehören auch weitere Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung, wie eine leichtere Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Dort, wo Tarifverträge existieren, sind die Löhne in der Regel höher als der Mindestlohn, unabhängig von dessen Höhe. Genau deshalb ist die Stärkung der Tarifbindung und die Unterstützung der Gewerkschaften der richtige Weg zu guten Löhnen.
Mit freundlichen Grüßen
Reem Alabali-Radovan