Frage an Rebecca Harms von Gaby K. bezüglich Verbraucherschutz
Wie stehen Sie zu den Bestrebungen, die Wasserwirtschaft zu privatisieren und die Kommunen unter Druck setzen?
Sehr geehrte Frau Gloss,
vielen Dank für Ihr Schreiben, wir teilen Ihre Besorgnis. Die Fraktion der Grünen im Europaparlament lehnt den Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung von Dienstleistungskonzessionen ab. Leider haben aber unsere Anträge die Richtlinie abzulehnen, wenigstens aber das Wasser auszunehmen, keine Mehrheit im federführenden Ausschuss (IMCO) am 24.1. bekommen. Die großen Fraktionen sowie die Liberalen haben mehrheitlich für diese Richtlinie gestimmt. Wir hoffen nun wenigstens mit Unterstützung der Konservativen noch eine Abstimmung im Plenum des Europaparlamentes durchsetzen zu können bevor die Verhandlungen mit Rat und Kommission beginnen.
Was bringt diese Richtlinie: die Richtlinie verlangt nicht die Privatisierung des Wassers, dazu hätte die EU auch gar keine Regelungskompetenz (allerdings macht sie es dennoch durch die Hintertür in Staaten, die finanzielle Unterstützung durch den ESM bekommen. So hat die EU-Kommission im Rahmen der Empfehlungen der Troika für Portugal und Griechenland die Privatisierung des Wassersektors verlangt - siehe http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/917 ), die vorgeschlagene Richtlinie erschwert aber erheblich die Bedingungen für Stadtwerke und kommunale Zweckverbände und schafft eine komplexe und unsichere Rechtslage für den öffentlichen Sektor. Man erzeugt damit Druck, mit dem Ergebnis, dass viele Kommunen um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen und keinen langwierigen Rechtsstreit zu provozieren, erwägen werden, ihre Wasserkonzessionen künftig europaweit auszuschreiben. Dann kann sich zwar auch das Stadtwerk bewerben, aber eben genauso große europaweit-tätige private Konzerne.
Außerdem verschärft man die Bedingungen für die Kommunen, die aus Finanznot - und weil ihnen das in der Vergangenheit von allen Seiten so empfohlen wurde - Private mit ins Boot geholt haben. Häufig fehlt nun das Geld für den Rückkauf und die Kommune wird gezwungen - obwohl die Bürgerinnen und Bürger das mehrheitlich nicht wollen - vollständig zu privatisieren.
Das wesentliche Gegenargument gegen diese Richtlinie ist aber, dass sie völlig die Bedingungen ausklammert, unter denen heute Dienste der Daseinsvorsorge wie das Wasser erbracht werden müssen. Angesichts der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, einer hohen und wachsenden Staatsverschuldung, angesichts drohender Konsequenzen von Klimawandel und demographischer Entwicklung braucht der öffentliche Sektor Spielräume für Modernisierung und Effektivierung. In vielen Bereichen stehen hohe Investitionen an, die eine Kommune allein nicht bewältigen kann, dafür bedarf es der Kooperation mit anderen Kommunen. Nach einer Studie der Kommission können durch kommunale Kooperationen bis zu 30 % der Kosten gespart werden. Diese hohen Synergieeffekte werden nun durch diese Richtlinie beschnitten und der öffentliche Sektor gezielt schlechter gestellt als der Private.
Wir werden weiterhin uns dafür einsetzen, diese Richtlinie zu verhindern, auch in den Verhandlungen mit Rat und Kommission. Wir hoffen, dass eine breite Unterstützung für die Europäische Bürgerinitiative "Wasser als Menschenrecht" - siehe http://www.heide-ruehle.de/heide/fe/pub/de/dct/895 und http://www.right2water.eu/de dazu beitragen kann den Druck zu verstärken und bitten Sie diese Initiative zu unterzeichen. Weitere Informationen können Sie der Homepage unserer verantwortlichen Abgeordneten Heide Rühle http://www.heide-ruehle.de entnehmen
Mit freundlichen Grüssen
Rebecca Harms