Frage an Rebecca Harms von Peter F. bezüglich Umwelt
Liebe Frau Harms,
der Konzern Vattenfall nutzt grade die Energie-Charta (die ja auch in Teilen ein Investitions- u. Handelsabkommen nach neoliberalem Muster ist), um gegen die GRÜNE (-schwarze) Energiepolitik zum Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg vor einem internationalen Schiedsgericht (ICSID/Washington) zu klagen.
Grade angesichts Ihrer vielen guten ökologisch-sozialen energiepolitischen Positionen (die ich teile) möchte ich Sie fragen: Unterstützen Sie (und die GRÜNEN) die weitere Verbreitung u. Durchsetzung des Energie-Charta-Vertrages? Oder werden Sie sich in Dtschld. u. auf EU-Ebene für eine Revision/Kündigung einsetzen?
Danke u. freundliche Grüsse
Peter Fuchs
Lieber Peter Fuchs
das ist in der Tat eine sehr komplexe Frage.
Die Grünen waren gegen das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg und wollten den Bau trotz der bereits in der vorhergegangenen Legislaturperiode (ohne Grüne Beteiligung an der Landesregierung) erteilten vorläufigen Baugenehmigung stoppen. Eine juristische Prüfung ergab jedoch, dass weder das Naturschutzrecht noch das Wasserrecht eine Möglichkeit bietet, die Genehmigung des Kraftwerksbaus zu untersagen. Da die Vorgaben des Immissionsschutzrechtes an den Schadstoffausstoß (CO2 wird dabei nicht berücksichtigt) erfüllt werden, bestand also ein Anspruch von Vattenfall auf die Genehmigung des Kohlekraftwerks. Diese musste von der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde erteilt werden. Sie ist aber mit Auflagen verknüpft: So ist aus ökologischen Gründen die Kühlwasserentnahme deutlich eingeschränkt worden. Das Kraftwerk wird so voraussichtlich nur mit zwei Drittel der beantragten Leistung betrieben werden können.
Es ist zu diesem Zeitpunkt schwer abzuschätzen, ob die Klage von Vattenfall gegen diese Auflagen auf Grundlage der Energie-Charta erfolgreich sein wird - auch weil uns der genaue Klagegegenstand nicht bekannt ist. Die Energie Charta soll zum einen Investitionssicherheit garantieren, enthält aber ebenfalls einen Artikel, der die Vertragspartner verpflichtet, die schädlichen Folgen der Energienutzung so gering wie möglich zu halten. Dieser Fall ist also besonders interessant, weil er die beiden Grundprinzipien der Charta - Investitionssicherheit und die Minimierung der Umweltfolgen - gegeneinander stellt.
Die Energie-Charta ist ein wichtiges Instrument im internationalen Energiehandel, wo Milliardeninvestitionen sich erst über lange Zeiträume bezahlt machen. Hierfür müssen stabile Rahmenbedingungen geschaffen werden. Besonders in der Zusammenarbeit mit Russland hat Europa immer wieder die Ratifizierung der Charta gefordert, um den politischen Machtkampf um Gaslieferungen zu beenden.
Auch die Konsultation der Nachbarstaaten und die Förderung von Energieeffizienz sind in der Charta verankert. Auch wenn die Umweltverpflichtungen alles andere als stark sind, sind sie doch stärker als die nationale Gesetzgebung in einigen Ländern, aus denen Energie bezogen wird. Auch hier spielt die Charta eine wichtige Rolle.
Es ist jedoch wichtig genau zu verfolgen, wie im Fall Moorburg entschieden werden wird. Sollten sich die Umweltbestandteile der Charta als reines Feigenblatt erweisen, muss auch die Haltung der Grünen zur Charta überdacht werden.
Viele Grüße,
Büro Harms