Portrait von Rasmus Andresen
Rasmus Andresen
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Torben G. •

Wie möchten Sie konkret die Äußeren Grenzen der Europäischen Union gegen illegale Migration sichern, ohne dabei Humanitäre und Wirtschaftliche Gründe außer Acht zu lassen?

Die EU ist auf eine Zuwanderung von Fachkräften angewiesen.Man bekommt zur Zeit das Gefühl,dass viele der aufgenommenen Menschen sich nicht ausreichend integrieren können oder sich gesellschaftlich einbringen. Wie möchten Sie konkret dem Ganzen entgegen wirken?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst einmal ist es mir wichtig zu betonen, dass die erfolgreiche Integration von Geflüchteten in unsere Gesellschaft und unseren Arbeitsmarkt zwar eine positive Auswirkung auf aktuelle Probleme wie unsere alternde Gesellschaft und den Fachkräftemangel mit sich bringen kann. Unsere humanitären Verpflichtungen gegenüber Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, sind jedoch deutlich grundlegender und nicht von unseren aktuellen wirtschaftlichen Bedarfen abhängig.

Bezüglich der EU-Außengrenzen, sind wir durchaus der Meinung, dass die EU diese kontrollieren muss, wobei es dabei nicht nur um Migration geht. Denn für die Freiheit und Sicherheit im Inneren müssen wir auch wissen, wer nach Europa kommt. Dass rechtsstaatliche Kontrollen oder eine zuverlässige Registrierung an den Außengrenzen nichts mit rechtswidriger Abschottung gegen Asylsuchende zu tun haben, sehen wir an der Fluchtbewegung aus der Ukraine. Millionen von Menschen werden zuverlässig kontrolliert, konnten aber Schutz in der EU finden.

Doch leider treffen viele andere Asylsuchende an EU-Grenzen nicht auf rechtsstaatliche Kontrollen, sondern auf Unrecht und Gewalt. Die Glaubwürdigkeit der europäischen Werte und damit auch der Einfluss europäischer Politik nach außen setzt die Achtung von Recht und Werten im eigenen Handeln voraus. Mit dieser Erkenntnis ist es schwer vereinbar, dass das europäische Versprechen von Humanität und Rechtsstaatlichkeit für Tausende jährlich an Stacheldraht und Patrouillenbooten zerschellt. 

Menschen, die bei uns in Europa Schutz suchen, müssen zuverlässig registriert, erstversorgt und menschenwürdig untergebracht werden. Das Recht auf Einzelfallprüfung und das Nichtzurückweisungsgebot gelten dabei immer und überall. Grenzverfahren dürfen nicht dazu führen, dass weitere große Haftlager wie Moria an den Außengrenzen entstehen, die die Würde und die Rechte von Schutzsuchenden verletzen. 

Jenseits der unmittelbaren Kontrolle an den EU-Außengrenzen setzen wir uns dafür ein, dass Ausländerbehörden vernünftig ausgestattet werden, alle Asylverfahren beschleunigt und die Qualität der Entscheidungen verbessert wird. Länder, die ihren Staatsbürger*innen eine sichere Rückkehr garantieren, sollen zum Beispiel über Visaerleichterungen oder Ausbildungspartnerschaften eine Aussicht auf geordnete Migration erhalten. 

Viele Geflüchtete leben bereits lange in Europa, teils mit hier geborenen Kindern, bringen sich ein und stehen in Beschäftigungsverhältnissen. Wir wollen ihnen eine bessere Perspektive geben. Denn es ist nicht zumutbar, dass Menschen trotz tiefer Verwurzelung in die europäische Gesellschaft täglich Sorge vor einer Abschiebung haben müssen. Im Gegenteil: Die Integrationsleistung und die Arbeit dieser Menschen wollen wir anerkennen. Wir setzen uns deshalb für einen Spurwechsel ins europäische Einwanderungssystem ein.

Dieses bringt mich zu dem zweiten Aspekt Ihrer Frage: den Bedarf an Fachkräften durch Zuwanderung. Denn wie einleitend beschrieben, ist unser Asylsystem mit gutem Grund nicht daran ausgerichtet, welche Fachkräftebedarf wir aktuell haben. Dies muss durch eine zusätzliche zielgerichtete Einwanderungspolitik erfolgen:

Europa steht vor einem demografischen Wandel mit einer rasch alternden Bevölkerung und sucht händeringend nach Fach- und Arbeitskräften. Um unsere Zukunft zu sichern, müssen wir im weltweiten Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte attraktiver werden und Einwanderung modern gestalten. Statt bürokratischer und langwieriger Verfahren wollen wir die Fach- und Arbeitskräfteeinwanderung von Menschen mit verschiedenen Qualifikationsniveaus mit EU-weiten gemeinsamen Rahmenregelungen fördern. Wir wollen zielgenaue Integrationsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Formen der Migration in ganz Europa schaffen. Um Angebote für eine gute und schnelle Integration vor Ort zu unterstützen, wollen wir den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) stärken. So können sich Kommunen auf die Aufnahme von Fachkräften und ihren Familien vorbereiten. Darüber hinaus müssen die Rechte der hier dauerhaft lebenden Drittstaatsangehörigen geschützt und bewahrt werden. 

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