wie stellen Sie sich die Durchführbarkeit der Ausbildungsabgabe bei gerade kleinen Betrieben im Gastgewerbe, die für Auszubildende ohnehin schon wenig attraktiv sind, vor?
die Branche ist durch Corona und nun die durch die Politik geschaffene Energiekrise (EEG, CO2-Steuer) finanziell ohnehin schon schwer angeschlagen.
Für Auszubildende sind wir als kleiner Betrieb wenig attraktiv. Gerade geeignete Bewerber mit ausreichend Bildung oder den nötigen guten Kenntnissen der deutschen Sprache bewerben sich bei uns gar nicht.
Corona hat uns einiges an Mitarbeiter gekostet, die immensen Teuerungsraten in allen Bereichen machen uns schwer zu schaffen. Wir haben ein extrem austauschbares Produkt und befinden uns in direkter Konkurrenz zu immer mehr Hotelbetten. Eine weitere Abgabe und noch mehr Bürokratie sind für uns finanziell kaum noch zu stemmen. Macht es in diesem Zusammenhang Sinn an diesem Gesetz festzuhalten? Sollte durch die Politik nicht erst die Voraussetzungen geschaffen werden, dass den Betrieben überhaupt ausreichend qualifizierte potentielle Auszubildende zur Verfügung stehen?
Sehr geehrter Herr P.,
ich nehme nicht nur aus Ihrer Frage die Unzufriedenheit mit. Das habe ich registriert. Die Belastungen von Corona im Hotelbereich habe ich wahrgenommen. Das ist im Übrigen in anderen Branchen wie bei mir im Einzelhandel nicht minder gravierend. Mir ist nicht ganz klar, warum nun die Ausbildungsabgabe innerhalb einer Branche den Konkurrenzdruck verschärft. Ich stimme zu, dass es bei den vergangenen Bundesregierungen erhebliche Fehler gab, die zu den Energiepreisproblemen geführt haben.
Meines Erachtens mussten wir aber handeln. Der Ausbildungsmarkt im Land Bremen ist teils hochattraktiv aber auch extrem angespannt. Seit einiger Zeit haben wir es mit der paradoxen Situation zu tun, dass Unternehmen einerseits mangels Bewerber*innen ihre Ausbildungsstellen nicht besetzen können und andererseits zu viele junge Menschen keinen Ausbildungsplatz finden. Bedauerlicherweise beobachten wir seit langer Zeit, dass sich größere Unternehmen vom Ausbildungsmarkt zurückziehen und kontinuierlich Ausbildungsplätze abbauen. Kleine und mittelständische Unternehmen dagegen finden zunehmend keine Auszubildenden mehr und müssen immer kreativere Wege gehen, um ihre Ausbildungsstellen besetzen zu können.
Unser Blick auf die duale Ausbildung ist deshalb schon länger sorgenvoll. Das Land Bremen hat deshalb schon früh begonnen - mit der Jugendberufsagentur, mit den Ausbildungsverbünden und mit den Programmen „Bleib dran“ (Bremen) und „Du schaffst das“ (Bremerhaven) – unterstützende Strukturen zu schaffen, um die Ausbildungssituation für junge Menschen zu verbessern. Um die Lage weiter zu verbessern konzentrieren wir uns auf die 1) Verbesserung der betriebliche Ausbildung 2) Verbesserung der Berufsorientierung/ beruflicher Bildung und 3) den Aufbau einer überbetrieblichen Infrastruktur.
Für die notwendige enge Verknüpfung der drei Handlungsfelder kann der Ausbildungsunterstützungsfonds ein hilfreiches Instrument werden. Am bedeutendsten ist aus unserer Sicht allerdings ein Bündnis für mehr Ausbildung. Die aktuelle Spaltung der Beteiligten ist denkbar ungünstig für den Prozess. Für Verbesserungsvorschläge aus Ihrer Sicht sind wir offen.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Saxe