Frage an Ralph Lenkert von Theresa W. bezüglich Bildung und Erziehung
Mittlerweile werden oft Kritiken zu den neuen Bildungssystemen an den Schulen gebracht, bestes Beispiel war gestern ein Artikel in der OTZ der gegen das schreiben nach Anlauttabelle gerichtet war. Sollten Ihrer Meinung nach weitere Reduzierungen der Lehrpläne durchgeführt werden, so dass die Schüler nur noch weniger lernen?
Ich bin 21 und habe den Unterschied zu meinem 15-jährigen Bruder festgestellt. es ist erschreckend. Die Kinder lernen immer weniger und in Thüringen wird an den Schulsystemen herum experimentiert. Soll das so weiter gehen oder wird endlich ein einheitliches Schulsystem für Thüringen entwickelt, dass Schüler fördert und nicht empfindlicher gegenüber Leistungsdruck macht und einer nicht unmoralischen Haltung gegenüber Arbeit erzieht?
Mit freundlichen Grüßen
T. Weick
Sehr geehrte Frau Weick,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Den Unterschied bei den Ergebnissen des Bildungssystems stelle ich ebenfalls fest. Vergleiche ich beispielsweise die ehemalige Ausfallstundenzahl bei meinen älteren Sohn (25 J.) mit der des letzten Schuljahres bei meinem jüngeren Sohn (16 J.), so stelle ich fest, dass trotz heute wesentlich mehr Unterricht ausfällt und auch die Qualität des Unterrichtes hat aus meiner Sicht nachgelassen.
Ich bin kein Bildungsfachmann, aber ein was kenne ich aus der Wirtschaft. Stellt man ein System um, auch ein Bildungssystem, so muss man zumindest in der Umstellungsphase mehr investieren, also mehr Lehrerinnen und Lehrer bereithalten. Das ist nicht passiert und damit wurde die Umstellung auf dem Rücken der Pädagoginnen und Pädagogen ausgetragen. In Folge wurden Kapazitäten statt für die Schülerinnen und Schüler für die Umstellung des Schulsystems eingesetzt und wegen der gleichzeitigen Überbelastung stiegen Krankenzahlen stark an.
Deshalb kämpfe ich für:
1. mehr pädagogisches Personal, das ist die Grundlage.
2. für längeres gemeinsames Lernen unserer Kinder.
3. für einheitliche Standards in der ganzen Bundesrepublik.
Ich bin gegen die derzeit durchgeführte Herabsetzung der Anforderungen an Schülerinnen und Schüler. Der Notenspiegel sollte nicht durch leichtere Aufgaben für unsere Kinder verbessert werden, sondern über eine bessere Ausbildung und spezielle Förderung im Bedarfsfall. Deshalb lehne ich eine Reduzierung der Lehrpläne ab.
Aus meiner Sicht müssen wir unsere Kinder gezielt auf das spätere Leben als Erwachsene vorbereiten. Dazu gehört für mich auch, dass sie lernen mit Belastungssituationen umgehen zu können. Die Kunst eines guten Bildungssystems besteht für mich darin, die Schülerinnen und Schüler zu fordern, aber Überforderung zu vermeiden. Im Moment wird leider das Fordern eingestellt und nur auf die Gefahren der Überforderung geschaut, das ist falsch, denn mit dem Start ins Berufsleben wird damit der Umstellungsschock gewaltig. Eine erneute Umstellung des Bildungssystems halte ich für notwendig, aber erst, wenn die dafür notwendigen, zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer auch eingestellt sind.
Sollte ich Ihre Frage nicht ausreichend beantwortet haben, so fragen Sie nochmals nach.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Lenkert