Frage an Ralph Lenkert von Isabel G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Lenkert,
im Rahmen eines Schülerprojekts habe ich folgende Frage an Sie.
Wie stehen Sie zum Lohnniveauausgleich zwischen den neuen und alten Bundesländern?
Liebe Frau Grasse,
prinzipiell bin ich der Auffassung, dass es für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn geben sollte. Lohnunterschiede zwischen Ost und West, Männern und Frauen, Stammbelegschaft und Leiharbeitern sind zu beseitigen. Eine Ausnahme von dieser Regel sollte wegen der an manchen Orten extremen Wohn- und Wohnnebenkosten möglich sein, dort sollten örtliche Zuschläge einen Ausgleich schaffen. Lohngerechtigkeit ist das Ziel, doch ohne die Ursachen für die Unterschiede zu kennen, ist eine Veränderung unmöglich.
Eine Ursache der Lohnunterschiede liegt in der besseren Erpressbarkeit der Beschäftigten im Osten und bei Leiharbeitern wegen der größeren Gefahr der Arbeitslosigkeit, der höheren Arbeitslosenquote. Durch den ebenfalls verringerten Kündigungsschutz steigt der Druck auf Arbeitnehmer, auf Lohnforderungen bei Strafe des Arbeitsplatzverlustes zu verzichten. Gleichzeitig sind immer weniger Menschen – gerade im Osten der Bundesrepublik und unter Leiharbeitern - in Gewerkschaften organisiert. Bei Tarifstreitigkeiten wird der Kompromiss dann zu Lasten der am wenigsten organisierten Bereiche abgeschlossen.
In den letzten zwei Jahrzehnten wurden die Rechte und Möglichkeiten der Gewerkschaften stark beschnitten. Diese Einschränkungen der Gewerkschaftsarbeit sind rückgängig zu machen. Ein flächendeckender, in Ost und West einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn, nach französischem Vorbild, der bis 2013 auf 10,0 Euro je Stunde steigt wäre ein weiterer Schritt zur Beseitigung der Lohnunterschiede. Öffentliche Aufträge dürften nur an Firmen vergeben werden, die Tariflohn zahlen und die keine Lohndiskriminierung wegen der Herkunftsregion, des Geschlechtes oder der Art des Beschäftigungsverhältnisses zur Profitsteigerung nutzen. Gibt es keinen Tarifabschluss, so ist der gesetzliche Mindestlohn Vorraussetzung für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Dazu müssten Vergabegesetze, wie in Bayern bereits geschehen, in allen Bundesländern verabschiedet werden.
Für meine Vorschläge zur Überwindung der Lohnniveauunterschiede werde ich im Bundestag eintreten. Die Stärkung der Gewerkschaften im Osten und damit die Chance auf bessere Tarifabschlüsse können die derzeit benachteiligten Arbeitnehmer nur mit ihrem Eintritt in die jeweilige Gewerkschaft erreichen, deshalb werbe ich auch als IG-Metall-Mitglied für den Eintritt in die Gewerkschaften.
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Lenkert