Frage an Ralf Witzel von Sandra L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Witzel,
Dem Petitionsausschuss liegt aktuell eine Petition zur Klageerhebung gegen LANUV NRW wegen Verstoßes gegen das Tiershutzgesetz bei der Genehmigung
der Tierhaltung im Affenlabor COVANCE in Münster vor.
Gegen die Einstellung der Strafanzeige durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm wurde nun Beschwerde bei Herrn Thomas Kutschaty,Justizminister des Landes NRW, eingereicht.
siehe hier:
http://www.jocelyne-lopez.de/pdfDateien/Beschwerde_Kutschaty_COVANCE_16_01_15-o.pdf
Aus meiner Sicht ergibt sich, dass die Genehmigung der Tierhaltung im Affenlabor COVANCE durch die zuständige Behörde LANUV NRW seit der Inbetriebnahme des Labors 1997 gegen das Tierschutzgesetz verstößt, da diese Haltung nicht den Anforderungen einer artgerechten Haltung genügt, weder nach deutschem noch nach EU-Recht.
Meiner Kenntnis nach unterliegt eine Entscheidung des LANUV NRW bezüglich der Genehmigung von Tierversuchen einem gebundenen Ermessen, da unter Geltung des Grundgesetzes kein freies Ermessen möglich ist.
Die Behörde als Teil der Staatsgewalt darf niemals gegen Grundgesetz, Gesetze oder Verordnungen verstossen.
Nach § 40 VwVfG bzw. § 39 SGB I ergeben sich für Behörden der Länder Grenzen für die Ermessensausübung.
Daraus folgt, dass eine Behörde (LANUV NRW) , sobald ihr Ermessen zusteht, dieses pflichtgemäss auszuüben hat und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens, die sich aus der Norm selbst ergeben, einhalten muss.
Ist dies nicht der Fall, liegt ein Ermessensfehler vor.
Wenn ein Ermessensfehler vorliegt, ist die Entscheidung der Behörde rechtswidrig.
Sollte eine öffentliche Klage im Interesse der Allgemeinheit gegen LANUV NRW nicht zugelassen werden, muss folglich die nächste Instanz das Verfassungsgericht sein.
Als Petentin würde mich interessieren, wie Sie die Rechstlage hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit der Genehmigung der Tierhaltung im Affenlabor COVANCE persönlich beurteilen?
Ich danke vorab für eine Antwort.
Mit freundlichem Gruß,
Sandra Lück
Sehr geehrte Frau Lück,
haben Sie vielen Dank für Ihre an mich gerichtete Anfrage über das Portal „abgeordnetenwatch.de“ mit Blick auf ein laufendes Petitionsverfahren wegen Einstellung eines Strafverfahrens gegen Mitarbeiter des LANUV NRW.
Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass ich zur Frage des Strafverfahrens und seiner Einstellung keine Angaben machen kann und darf. Dem Parlament ist auf Grundlage der in der Verfassung vorgegebenen Gewaltenteilung eine Bewertung von Einzelfällen aus dem Bereich der Justiz und der Justizbehörden verwehrt; eine Ausnahme bildet der Petitionsausschuss, dessen Entscheidungen und Bewertungen allerdings gegenüber der Justiz ebenfalls unverbindlichen Charakter haben. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass neben dem Erheben einer Petition auch ein gerichtliches Klageerzwingungsverfahren für den Fall in Betracht kommt, dass die Staatsanwaltschaft die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen auch im Beschwerdewege abweist (§ 172 Abs. 2 der Strafprozessordnung StPO). Für dieses gerichtliche Verfahren gilt eine Monatsfrist ab Zustellung des Ermittlungen ablehnenden Bescheids der Staatsanwaltschaft. Ich darf empfehlen, sich insoweit ggf. an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin Ihres Vertrauens zu wenden.
Die Genehmigung von Tierversuchen richtet sich in der Bundesrepublik Deutschland im Übrigen nach dem Tierschutzgesetz (TierSchG). Die Genehmigung zur Durchführung von Tierversuchen darf von behördlicher Seite nur unter strengsten Voraussetzungen erteilt werden, die im Einzelnen in § 8 TierSchG aufgelistet sind. Hierzu gehören insbesondere das Vorhalten geeigneter Räumlichkeiten, die Einhaltung von Sachkundeanforderungen der den Versuch Durchführenden, die Beachtung von Vorschriften zur Schmerzlinderung und Betäubung von Tieren sowie die Beachtung spezifischer Vorschriften über die Tierhaltung. Ein Ermessen steht der die Genehmigung erteilenden Behörde insoweit nicht zu; erfüllt ein Antragsteller sämtliche Voraussetzungen, muss ihm die Genehmigung zum Tierversuch erteilt werden. Ob die strengen Voraussetzungen des § 8 TierSchG im Falle der Tierhaltung im Affenlabor „Covance“ eingehalten wurden, vermag ich von hier aus nicht zu beurteilen. Diese Beurteilung ist indes auch dem Petitionsausschuss – dessen Verfahren ich nicht vorgreifen möchte – und den zuständigen Gerichten vorbehalten. Ich darf abschließend darauf hinweisen, dass gewissen Tierschutzverbänden in Nordrhein-Westfalen nach dem Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine ein Klagerecht in Angelegenheiten wie der von Ihnen vorgetragenen zusteht.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Witzel MdL