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Ralf Stegner
SPD
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Frage von Sebastian H. •

Wie bewerten Sie Ihre Russlandpolitik gegenüber Bürgern?

Sehr geehrter Herr Stegner,

noch Ende Mai sagten Sie auf die Frage, ob Sie auch bei Wählern, die Ihrer Priorität auf den diplomatischen Kurs zustimmen, überhaupt verfangen können, dass Sie ein positives Feedback bekämen. (1)

Nun wurden Sie auf der Demo am 3.10 am Großen Stern in Berlin trotz Ihres Engagements lautstark ausgebuht (2) und es erinnerte ein wenig an Christian Lindner bei den Bauerprotesten. (3) Ich frage mich, warum nun die Bürger, die ein Ende des Ukrainekrieges entweder auf dem Verhandlungsweg oder durch rigeröses Abschneiden von Waffenlieferungen fordern, Ihre SPD und den Friedenskanzler Scholz mit seinem Schlingerkurs (4) wählen sollten und nicht das Original rechts oder links der Mitte? Vielleicht verlieren Sie sogar Stimmen der Mitte, wenn Ihnen diese Ränder wie auf der Demo wichtiger sind?

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian H.

(1) https://tinyurl.com/4dr5xu79

(2) https://tinyurl.com/hwvef29e

(3) https://tinyurl.com/5n8vc8ee

(4) https://tinyurl.com/599zt7sj

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage an mich.

Zunächst möchte ich gerne betonen, dass sich unsere inhaltlichen Angebote, auch in der Außen- und Friedenspolitik, grundlegend von den Positionen der AfD und des BSW unterscheiden. Im Gegensatz zu diesen Parteien bekennen wir uns eindeutig dazu, dass Russland den Aggressor im Ukrainekrieg darstellt und setzen uns daher aktiv für Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der Ukraine ein. Wir sind für Diplomatie, aber verleugnen nicht die Wahrheit.

Den Ukrainekrieg ausschließlich über den diplomatischen oder militärischen Weg zu begegnen, halte ich für unvernünftig. Ohne die internationalen Unterstützungsleistungen hätte Russland die Ukraine bereits vollständig annektiert und damit die ukrainische Souveränität untergraben. Wenn stattdessen ausschließlich auf eine militärische Logik gesetzt worden wäre, hätte sich meines Erachtens das Eskalationspotenzial vielfach erhöht. Die von Ihnen als „Schlingerkurs“ bezeichnete Vorgehensweise erachte ich daher vielmehr als bedachtsames Handeln, das verschiedene Aspekte berücksichtigt und voreilige Entschlüsse vermeidet.

Bei der Friedensdemo in Berlin habe ich zudem nicht den Eindruck gehabt, dass es eine ausschließlich aversive Stimmung gegen meine Position gab, ganz im Gegenteil: Zwar waren in den vorderen Reihen einige Gruppierungen, die anders vermuten ließen, doch es haben auch viele Sozialdemokraten, Gewerkschafter und andere Menschen an der Demonstration teilgenommen. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, um von der Kundgebung wegzukommen, weil mich alle paar Meter Leute angesprochen haben, die mir offen gesagt haben, dass es gut gewesen sei, dass ich da war.

Nicht zuletzt deshalb bin ich der klaren Auffassung, dass die Friedensbewegung heterogen ist und auch schon immer war. Wir müssen nur aufpassen, dass die Friedensbewegung nicht von Populisten gekapert wird. Es geht nicht, dass wir als SPD nur eigene Veranstaltungen machen und den Rest sich selbst überlassen. Schließlich ist eindeutig erkennbar, dass die hohen Wahlergebnisse für AfD und BSW neben dem Thema Migration und auch mit Friedenspolitik zu tun haben. Genau deshalb erachte ich es als unerlässlich, dass man auch an solchen Demonstrationen teilnimmt und seine Position klar und deutlich vertritt. Aus diesem Grund kann ich Ihre Unterstellung, dass mir die Ränder wichtiger wären als die Mitte der Gesellschaft nicht nachvollziehen. Ich bin meiner Position als Kriegsgegner treu geblieben und habe im Übrigen den Eindruck, dass die Meinung, die ich auf der Demo vertreten habe, sowohl der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung als auch in der Sozialdemokratie entspricht.

Ich bedanke mich nochmals für Ihre Nachricht an mich.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Stegner

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