Frage an Ralf Stegner von Olaf Z. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Stegner,
zum 01.08.2013 wurde ein Mindestlohn von 9,18€ verabschiedet haben. Da ich im Sicherheitsgewerbe für 7,50€ ( Tariflohn) in einem Ministerium arbeite, kommt dieser Mindestlohn leider für mich nicht zur Anwendung. Wie ich den Ausführungsbestimmungen entnehme, sollte diese Situation noch evaluiert werden. Ich möchte mich auf diesem Wege nach dem derzeitigen Stand erkundigen. Nachflogend habe ich die entsprechende Passage beigefügt. Mit Interesse erwarte ich Ihre Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Olaf Zülsdorf
Anwendungshinweise und Erläuterungen zum Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig Holstein – TTG)
Absatz 4:
Diese Vorschrift geht faktisch ins Leere, weil kein Fall denkbar ist, in dem sowohl die Mindestentgeltpflicht nach Absatz 1 oder die Tariftreuepflicht nach Absatz 2 und gleichzeitig der Auffangtatbestand nach Absatz 3 gilt. Das allgemeine Mindeststundenentgelt von 9,18 Euro nach Absatz 3 ist immer nur hilfsweise zu zahlen, falls es keine Mindestentgeltvorschriften nach Absatz 1 oder Absatz 2 gibt (so ausdrücklich Absatz 3 Satz 1). Das bedeutet aber auch, dass Mindestentgelte durch aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes erlassene Rechtsverordnungen selbst dann vorrangig zu berücksichtigen sind, wenn sie unterhalb des Mindeststundenentgelt von 9,18 Euro liegen (Beispiel: Nach der Sicherheitsdienstleistungsarbeitsbedingungenverordnung beträgt das Mindeststundenentgelt im Bewachergewerbe derzeit 7,50 Euro die Stunde). Nach Absatz 4 war diese Konsequenz möglicherweise vom Gesetzgeber nicht gewollt, weshalb eine Klarstellung im Rahmen einer Evaluierung des Gesetzes erfolgen wird.
Sehr geehrter Herr Zülsdorf,
vielen Dank für Ihren Hinweis.
Unser politisches Ziel ist es, Dumpinglöhne zu verhindern und die Rechte der Beschäftigten zu stärken. Wir finden die rechtliche Situation rund um Mindestlöhne in Deutschland sehr kompliziert. Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen rechtlichen Vorgaben, die leider nicht 100 Prozent der Schwierigkeiten abdecken. Das liegt unter anderem daran, dass das Grundgesetz Berufs- und Vertragsfreiheit schützt. Wer in diese Bereiche eingreifen will, muss mitunter hohe Hürden überwinden. Deshalb gibt es gleich mehrere Ansätze, Niedriglöhnen entgegenzutreten. Einer davon ist das Vergabe- und Tariftreuegesetz, das in Schleswig-Holstein seit August 2013 gilt. Es wird flankiert von einem Landes-Mindestlohngesetz und dem Register zum Schutz fairen Wettbewerbs.
Die Situation im Sicherheitsgewerbe mit den sehr niedrigen Löhnen war einer der Gründe für die Koalition aus SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SSW, ein Tariftreue- und Vergabegesetz inklusive Mindestlohn auf den Weg zu bringen. Das Tariftreue- und Vergabegesetz gilt für die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes begonnen wurden bzw. werden, also ab August 2013. Der Grund: Die Auftragnehmer kalkulieren bei der Angebotserstellung u.a. mit den gezahlten Löhnen, darauf basieren die abgeschlossenen Verträge. Bei der nächsten Ausschreibung muss der Mindestlohn berücksichtigt werden. Das heißt, dass Sie vom Beginn des nächsten Vertrags, den Ihr Unternehmen für die Bewachungsdienstleistung bei einem öffentlichen Auftraggeber abschließt, den Mindestlohn von 9,18 Euro erhalten müssten, wenn es noch kein neues allgemeinverbindliches Mindestentgelt gibt.
Allerdings: Die Konsequenz der Auffassung, dass Mindestentgelte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorrangig zu berücksichtigen sind, auch wenn sie unterhalb des Mindeststundenentgelt von 9,18 Euro liegen, war von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SSW nicht gewollt. Leider wurden wir bei der Formulierung des Gesetzes darauf auch nicht aufmerksam gemacht. Daher muss eine Klarstellung im Rahmen einer Evaluierung des Gesetzes erfolgen. Das ist spätestens im Sommer 2016 der Fall.
Der Mindestlohn für das Sicherheitsgewerbe nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz ist zum 31.12.2013 gekündigt worden. Daher kann bei einer neuen Vergabe auch nicht mehr dieser Mindestlohn (bisher 7,50 Euro) zu Grunde gelegt werden. Auf Bundesebene hat die SPD jedoch den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ab dem 1.Januar 2015 durchgesetzt. Auch wenn CDU / CSU jetzt um Ausnahmen verhandeln: Wir können und wir werden nicht zulassen, dass das neue Gesetz völlig durchlöchert wird.
Eine Materialsammlung aus der Sie bereits zitiert haben, stellt das Schleswig-Holsteinischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie auf seiner Homepage zur Verfügung :
http://www.schleswig-holstein.de/MWAVT/DE/Service/TariftreueVergaberecht/tariftreue_node.html
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ralf Stegner