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Ralf Stegner
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Frage von Ole P. •

Frage an Ralf Stegner von Ole P. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Stegner,

zunächst einmal möchte ich sie für ihr großes Engagement in Wahlkampf loben; von ihnen können andere lernen.

Ich bin Schüler im 13. Jahrgang eines Gymnasiums und habe die Entwicklung der Profiloberstufe in der letzten Jahren mit Argwohn beobachtet.

Das alte Kurssystem förderte und forderte die Schüler; es bereitete individeuell für das spätere Leben vor. Die Profiloberstufe zwängt jeden in ein enges Korsett; bei der Wahl der Profilfächer wird die überstimmte Minderheit unbeachtet.
Die Oberstufe lehrte früher den Schüler Selbstständigkeit und Eigenverantwortung; die Schüler der Profiloberstufe werden bei Studienbeginn "ins kalte Wasser geschmissen" (wobei durch den Bologna Prozess das Studium dieselbe Prozedur durchläuft wie die Oberstufe).

Wie gedenken Sie die Oberstufe zu gestalten? Sie sprechen von einer kritischen Prüfung der Oberstufe, doch lässt dies kein Reformwillen für mich erkennen.

Das System, das wir nun haben (Regionalschulen und Gemeinschaftsschulen) ist, denke ich, der falsche Weg. Hier müssen Reformen her. Sie veruchen Gemeinschaftsschulen einzuführen (ganz meine Meinung), doch wollen das Gymnasium beibehalten. Warum lassen sie diese Eliteeinrichtung bestehen? Es würde zwangsläufig wieder zum 2-gliedrigen Schulsystem ("Gemeinschaftsschule" ohne Gymnasiasten + Gymnasien) kommen. Fürchten Sie sich vor einem so fundamentalen Schnitt, der Abschaffung des Gymnasiums?
Wenn Sie die Gemeinschaftsschule eingeführt haben, was hindert die nächste Regierung daran diese wieder abzuschaffen? Sollte man die Schulform nicht im Grundgesetz verankern, sodass diese auch bestand hat?

Viele Grüße und viel Erfolg bei den Wahlen,

Ole Petersen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Petersen,

unsere langfristige Forderung zum Schulsystem, mit der wir in den letzten Landtagswahlkampf gegangen sind, war eine einheitliche weiterführende Schule; wobei uns klar war, dass dies ein langfristiger Prozess sein würde. Wir haben uns in der Koalition mit der CDU auf das System verständigt, das Sie kennen. Wobei der große Erfolg der Gemeinschaftsschulen uns bestätigt hat, auf dem richtigen Weg zu sein. Wir wollen das System mittelfristig dadurch weiterentwickeln, dass wir die Regionalschulen, die von den kommunalen Schulträgern und den Eltern ja weit weniger nachgefragt werden als die Gemeinschaftsschulen, in Gemeinschaftsschulen umwandeln. Dafür werden wir in Zusammenarbeit mit den Eltern schulorganisatorische Lösungen finden.

Das bedeutet, dass für Schülerinnen und Schüler, die das Abitur ablegen wollen, auch künftig zwei Optionen bestehen: entweder das Abitur nach insgesamt 13 Schuljahren an der Gemeinschaftsschule oder nach 12 Jahren am Gymnasium. Für eine Abschaffung des Gymnasiums, wie Sie es vorschlagen, gibt es meines Erachtens noch keine Mehrheit im Land und wir wollen uns in der kommenden Legislaturperiode weniger mit Schulformen als mit der Art und Weise und den Inhalten des Lernens beschäftigen. Beim Thema Schulformen setzen wir eher auf Überzeugung (insbesondere der Eltern) durch Gemeinschaftsschulen, die längeres gemeinsames Lernen „vormachen“. Und sie sind auch durch die Möglichkeit, das Abitur in 9 Jahren zu machen, attraktiv.

Das Schulsystem in der Landesverfassung zu verankern, würde einen sehr breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens voraussetzen, den wir derzeit nicht haben. Eine Änderung der Landesverfassung (das Grundgesetz ist für Fragen des Schulsystems nicht zuständig) ginge nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Landtag; in dieser Frage gab es keine solche Mehrheit in der jetzt vorzeitig beendeten Legislaturperiode und es wird sie absehbar auch in den nächsten Landtagen nicht geben. Der wirkungsvolle Weg, einen bildungspolitischen Rückschritt hin zu einem antiquierten und ausgrenzenden Schulsystem zu verhindern, ist die Wahl der SPD.

Auch das alte Kurssystem sollte nicht glorifiziert werden, oft standen die
Wahlmöglichkeiten nur auf dem Papier und viele schwach nachgefragte Kurse kamen nicht zustande. Dennoch nehmen wir die Kritik an der Profiloberstufe sehr ernst. Wir werden daher bei der Profiloberstufe mit mehr Wahlmöglichkeiten im Sinne eines differenzierten Kurssystems und Prüfungsverfahren die erforderlichen Korrekturen einleiten. Dies steht so auch in unserem Regierungsprogramm. Weitere Details werden von der neuen Bildungsministerin in Abstimmung mit den Schülerinnen und Schülern, Lehrenden und Eltern erarbeitet und von der neuen Landesregierung umgesetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ralf Stegner

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