Frage an Ralf Stegner von Irina G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Stenger.
Im Rahmen unseres Sozialkunde Leistungkurses, beschäftigen wir uns mit den Bundestagswahlen 2009, um uns als Neuwähler das Wählen der richtigen Partei zu erleichter. Ferner interessiert uns besonders Ihre Meinung zu den Themen Bildung, Familie/Jugend und Arbeitsmark. Wir erhoffen uns eine baldige und aufschlussreiche Antwort, zur Aufklärung unseres Leistungskurses.
Vielen Dank im Voraus,
der Sozialkunde Leistungskurs, Rheinland Pfalz
Liebe Irina Gäns,
lieber Sozialkunde-Leistungskurs aus Bad Kreuznach,
um Euch die Arbeit im Leistungskurs zu erleichtern, habe ich die wichtigsten Aussagen des Regierungsprogramms 2009-2013 der SPD zu den Themen Bildung, Familie/Jugend und Arbeitsmarkt zusammengestellt. Ich empfehle Euch, für ausführlichere Informationen die Aussagen unseres Programms direkt nachzuschlagen. Ihr findet es unter:
http://www.spd.de/de/pdf/parteiprogramme/Regierungsprogramm2009_LF_navi.pdf
SPD-Positionen zum Thema Bildung:
Mehr und bessere Bildung zu ermöglichen, ist eine große Aufgabe für Bund,
Länder und Kommunen. Wir stecken uns klare Ziele:
- 600.000 Ausbildungsplätze für 2009.
- Gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule.
- Erhöhung der Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Einen Finanzierungsbeitrag leistet der "Bildungssoli".
- Jährlich 10 Prozent weniger Schulabbrecher.
- Recht auf Kita-Platz ab dem 1. Geburtstag bis 2013, in Zukunft ein Recht auf Ganztagsbetreuung.
- Berufsausbildungsgarantie für alle, die älter sind als 20 Jahre.
- 275.000 zusätzliche Studienplätze bis 2015.
- Erhöhung der Studienanfängerquote auf über 40%.
- Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung bis 2015 auf mindestens 50%.
- 40 % des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen bis 2020 durch Frauen besetzen.
Unser erstes und wichtigstes Ziel wird sein, die Zahl der Schulabbrecher drastisch zu reduzieren., jährlich um mindestens 10 Prozent. Unser Ziel ist, dass alle Jugendlichen einen Berufsabschluss oder Abitur haben. Wir wollen das duale System starken und mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den regelmäßigen Zugang zu beruflicher Weiterbildung ermöglichen. Gemeinschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen durch gemeinsame Bildung und Erziehung. Ausgrenzung ist keine Lösung -das gilt für Kinder mit Behinderung, für Lernschwache und für solche, die im Elternhaus unzureichende Hilfestellung erfahren. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Ein Viertel aller Kinder hat mindestens einen Elternteil, der aus einem anderen Land eingewandert ist. Viele dieser Kinder sind in unserem Bildungssystem immer noch erheblich benachteiligt. Auch sie haben ein Recht auf die gleichen Bildungschancen, auf die Anerkennung ihrer besonderen Fähigkeiten wie die Mehrsprachigkeit und ihrer kulturellen Erfahrungen.
Die Sozialdemokratie hat das BAföG zu Beginn der 70er Jahre eingeführt, weil es eine wichtige Bedingung für Chancengleichheit in der Bildung ist. An dieser Tradition knüpfen wir an. Zum Beispiel sollen auch Schüler und Schülerinnen aus einkommensschwachen Familien auf dem Weg zum Abitur ab ihrem Eintritt in die gymnasiale Oberstufe finanziell unterstützt werden.
Wir haben dafür gesorgt, dass es ab 2013 für jedes Kind vom ersten Geburtstag an einen Rechtsanspruch auf Betreuung gibt. Wir wollen daraus ein Recht auf Ganztagsbetreuung machen.
Die Verbesserung der Qualität in der frühkindlichen Bildung steht für uns an erster Stelle aller Anstrengungen, denn es geht um das einzelne Kind. Wir brauchen einen besseren Personalschlüssel in Krippen, Kindertagesstatten und in der Tagespflege, der bundeseinheitlich geregelt wird. In weiteren Schritten geht es um eine vollständige Gebührenfreiheit. An den dafür erforderlichen Mitteln wird sich der Bund beteiligen.
Erzieherinnen und Erzieher leisten wichtige Arbeit, sie tragen große Verantwortung. Die SPD wird daher für eine bessere Aus- und Weiterbildung für Erzieherinnen und Erzieher sorgen und damit die Voraussetzungen für eine angemessenere Bezahlung verbessern. Wir wollen, dass alle Kinder mit guten Startchancen in die Schule kommen. Deshalb wollen wir die Schulvorbereitung in der Kita stärken. Die verbindliche Sprachförderung muss Schwerpunkt der vorschulischen Bildung sein. Unser Ziel ist ein sozial gerechtes, leistungsstarkes und durchlässiges Schulsystem, das kein Kind und keinen Jugendlichen zurücklässt. Wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler länger gemeinsam lernen können. Das werden wir mit einer besseren individuellen Forderung verbinden. Die SPD wird sich weiterhin für den Ausbau von integrativen Schulformen stark machen. Wir wollen langfristig das gegliederte Schulwesen überwinden. Mit dem Ganztagsschulprogramm haben wir in der Zeit der rot-grünen Regierung einen Durchbruch in der Bildungspolitik geschafft. Unser Ziel ist es, das Angebot an Ganztagsschulen flächendeckend auszubauen. Alle Kinder sollen sowohl in Ganztagschulen als auch in Kindertagesstatten an einem gesunden Mittagessen teilnehmen können. Jede Schule mit besonderem Bedarf soll mindestens eine/n Schul-Sozialarbeiter/in erhalten. Wir werden dafür eintreten, dass möglichst alle Kinder mit Behinderungen gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen zur Schule gehen. Wir wollen die Arbeits- und Berufsorientierung in der Schule fest verankern. Sie soll gemeinsam mit einer umfangreichen Beratung und Berufswahlvorbereitung Pflichtangebot in allen allgemeinbildenden Schulen sein. Schule und Betrieb müssen dafür besser verzahnt werden.
Ein Studium darf nicht am Geld scheitern. Wir stehen zu einem gebührenfreien Erststudium bis einschließlich des Master. Wir halten an dem Ziel fest, die Zahl der Studienplätze zu erhöhen. Wir werden den Hochschulpakt konsequent und überprüfbar umsetzen. Neben dem quantitativen Ausbau der Studienplätze setzen wir uns auch die Verbesserung der Lehre an den Hochschulen zum Ziel. Wir wollen, dass mehr Fachkräfte ohne Abitur studieren können, und werden den Zugang zu den Hochschulen für diese Personengruppe weiter öffnen. Wir werden die Hochschulzulassung bundeseinheitlich regeln. Alle Hochschulen müssen beteiligt sein am zentralen Serviceverfahren. So können alle Kapazitäten ausgenutzt werden. Wir stehen für starke, offene und demokratische Hochschulen ein. Wir stehen zur Hochschulautonomie und zur universitären Selbstverwaltung. Wir wollen die inneruniversitäre Demokratie stärken: Alle Statusgruppen müssen fair in Entscheidungen und Gremien eingebunden werden. Wir wollen, dass mehr Frauen Leitungsfunktionen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen übernehmen. Deshalb werden wir konkrete Zielvereinbarungen mit finanziellen Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung abschließen. Wir wollen den Frauenanteil des wissenschaftlichen Personals bis 2020 auf 40 Prozent erhöhen. Dafür planen wir ein Professorinnen-Programm sowie ein Investitionsprogramm für Kindertagesstätten und Krippen an den Hochschulen.
SPD-Positionen zum Thema Familie:
Wir müssen jungen Paaren Sicherheit und Freiräume geben, damit der Wunsch nach Kindern auch realisiert werden kann. Familien brauchen ein kinderfreundliches Umfeld und eine gute Unterstützungsinfrastruktur, die im Alltag entlastet und die Gewissheit gibt, mit ihrer Aufgabe nicht allein gelassen zu werden. Wir haben durchgesetzt, dass es ab 2013 für jedes Kind vom 1. Geburtstag an einen Rechtsanspruch auf Betreuung gibt. Dieser Rechtsanspruch soll zu einem Anspruch auf Ganztagsbetreuung ausgeweitet werden. Außerdem wollen wir die Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren ausbauen, die Hilfe und Beratung für Eltern bieten. Beim Elterngeld wollen wir die Zahl der Partnermonate von zwei auf vier ("12+4-Modell") erhöhen und den gleichzeitigen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung und Elterngeld von sieben auf sechzehn Monate erweitern. Die SPD will, dass dem Staat alle Kinder gleich viel wert sind. Darum soll der Kinderfreibetrag in einen Kindergrundfreibetrag umgewandelt werden. Dieser stellt - wie auch der Freibetrag für Erwachsene - einen Grundsockel des Einkommens steuerfrei, der für alle gleich wirkt. Die ungerechte Wirkung des bisherigen Kinderfreibetrags wird so aufgehoben.
Alleinerziehenden wollen wir - neben dem bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung - mit gezielten Maßnahmen helfen. Wir brauchen einen Aktionsplan gegen Kinderarmut. Kein Kind soll in Armut aufwachsen. Das ist leider noch nicht Realität. Zur Bekämpfung der Armut von Kindern und Jugendlichen brauchen wir eine abgestimmte Politik zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Mit dem Schulstarterpaket, dem Kinderbonus und der Einführung und Anhebung des Regelsatzes in der Grundsicherung für die 6- bis-13-Jährigen haben wir viel erreicht. Wir wollen eigenständige, bedarfsgerechte Kinderregelsätze durch eine zielgenauere Bedarfsermittlung verbessern. Besonders wichtig ist: Gute Arbeit für die Eltern und gleiche Bildungschancen für die Kinder. Auch die Weiterentwicklung von Kinderzuschlag und Wohngeld helfen entscheidend, um Familien vor Armut zu schützen. Wir wollen Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen.
Die Hauptursachen von Armut sind Arbeitslosigkeit oder ein unzureichendes Erwerbseinkommen der Eltern. Neben der materiellen Armut gefährden ungleiche Bildungschancen, gesundheitliche Beeinträchtigungen und soziale Ausgrenzung die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Deshalb werden wir einen abgestimmten Aktionsplan gegen die Armut von Kindern und Jugendlichen umsetzen, in dem wir Maßnahmen aus allen Politikbereichen zu einer integrierten Strategie bündeln. Besonders wichtig sind dabei: Vermittlung in Gute Arbeit und Qualifizierung, ein gesetzlicher Mindestlohn, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Weiterentwicklung von Kinderzuschlag und Wohngeld helfen entscheidend, um Familien vor Armut zu schützen. Jedes Kind muss unabhängig von seiner sozialen Herkunft von Beginn an gefördert werden. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen setzen wir uns für integrative Schulformen und den Ausbau von Ganztagsschulen ein. Und wir wollen Jugendlichen das Recht geben, einen Schulabschluss nachzuholen. Wir stehen für eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule.
SPD-Positionen zum Thema Kinder- und Jugend: Um Kindern eine stärkere Stimme in unserer Gesellschaft zu geben, wollen wir die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen. Die Jugend ist eine spezielle Phase der Orientierung und der Herausbildung der eigenen Persönlichkeit. Die Anforderungen an die heutige junge Generation sind durch gesellschaftliche, ökonomische und demografische Veränderungen gestiegen. Mit einer starken Jugendpolitik wollen wir den besonderen Bedürfnissen von Jugendlichen Rechnung tragen. Die Jugendfreiwilligendienste sind eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements und ein Bildungsjahr. Wir werden die Jugendfreiwilligendienste stärken. Mittelfristig wollen wir allen Jugendlichen, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr oder ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren wollen, einen Platz anbieten. Einen allgemeinen Pflichtdienst für junge Frauen und Männer lehnen wir ab. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Kinder und Jugendlichen gesund aufwachsen können. Deshalb werden wir Gesundheitsförderung und Prävention zu einer eigenständigen Säule des Gesundheitswesens ausbauen. Mit einem Präventionsgesetz, das einen besonderen Fokus auf junge Menschen legt, werden wir die systematische Vernetzung des lokalen Gesundheitswesens mit der Kinder- und Jugendhilfe fordern. Wir werden Kinder und Jugendliche als Verbraucher stärker in den Fokus nehmen: Sie brauchen besonderen Schutz - vor gefährlichen Produkten und unseriösen Anbietern. Für eine gesunde Ernährung brauchen sie einwandfreie Lebensmittel, sie brauchen sichere Produkte und eine Anleitung zum "kritischen Konsum".
SPD-Positionen zum Thema Arbeit:
Wir sind die Partei der Arbeit. Wer sich anstrengt, muss etwas davon haben. Leistung muss sich lohnen - diese Forderung ist für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer richtig. Wer sich Mühe gibt, muss damit sein Leben verbessern können und darf nicht auf unüberwindbare Hürden stoßen. Das Aufstiegsversprechen unserer Gesellschaft gilt. Niemand darf am Wegesrand zurückbleiben. Wir stehen solidarisch füreinander ein und helfen denen, die nicht alleine mit Arbeit ihr Leben bestreiten können. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen, dass alle Menschen Arbeit haben. Unser Ziel bleibt darum Vollbeschäftigung. Aber wir wollen Gute Arbeit: Arbeit, die fair bezahlt ist, nicht krank macht, Möglichkeiten zur Weiterbildung eröffnet und familienfreundlich gestaltet ist. Wir wollen Arbeitnehmerrechte erhalten und stärken. Der Schutz vor Kündigung und das Recht auf die Wahl von Betriebsräten sind für die SPD unverzichtbare Rechte.
Wir werden die Tarifautonomie in Deutschland und Europa verteidigen und Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu einem zentralen Kriterium machen. Als Lohnuntergrenze wollen wir einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. 7,50 Euro sind für uns eine sinnvolle Orientierungsmarke. Wir wollen ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz, das die Rechte der Beschäftigten sichert. Wir werden Leiharbeitsverhältnisse rechtlich besser absichern. Nach einer angemessenen Einarbeitungszeit im Unternehmen muss gelten: gleicher Lohn für Leiharbeiter und regulär Beschäftigte. Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen, starke Gewerkschaften und Tarifautonomie sind in der Sozialen Marktwirtschaft unverzichtbar. Wir wollen Beteiligungsrechte erweitern. Feindliche Übernahmen dürfen kein mitbestimmungsfreier Raum mehr sein. Wir wollen künftig die Mitbestimmung auch bei Fragen der Ausbildung und Weiterbildung im Betrieb ausbauen. Auch die Mitbestimmung beim Einsatz von Zeitarbeit muss gestärkt werden.
Wir wollen die Gleichstellung von Männern und Frauen im Erwerbsleben. Darum werden wir dafür sorgen, dass sich die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließt. Wir werden mit verbindlichen Regelungen und Zielvorgaben dafür sorgen, dass Frauen und Männer gleiche Aufstiegschancen in den Unternehmen haben und der Frauenanteil in den Führungspositionen deutlich erhöht wird. Zukünftig soll in den Aufsichtsgremien von Unternehmen eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent gelten. Und wir werden Maßnahmen ergreifen, dass Teilzeitbeschäftigung nicht in eine Sackgasse führt. Wir wollen die Chancen auf gute Ausbildung und berufliches Fortkommen verbessern. Wir werden das duale System stärken und die Ausbildungsberufe modernisieren. Wir wollen mehr Ausbildungsangebote, die eine betriebliche Ausbildung mit einem akademischen Studium verbinden. Wir wollen eine Berufsausbildungsgarantie für alle, die älter als 20 Jahre sind und weder Berufsabschluss noch Abitur haben. Berufstätigen mit Ausbildung wollen wir gezielt den Zugang zu den Hochschulen und Universitäten öffnen. Aber es soll auch jeder ohne Abschluss eine zweite Chance bekommen. Deshalb wollen wir das Recht einführen, den Schulabschluss jederzeit gefördert nachholen zu können. Wir wollen die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln, die Arbeitslosigkeit nicht nur schnell beendet, sondern durch berufsbegleitende Weiterbildung hilft, sie zu vermeiden.
Dies ist, wie gesagt, nur eine Zusammenfassung der wichtigsten Positionen der SPD. Ich wünsche Euch spannende Debatten im Leistungskurs!
Mit freundliche Grüßen
Dr. Ralf Stegner