Frage an Ralf Stegner von Olaf F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Stegner,
im Jahr 2005 haben Sie von der Schleswig holsteinischen Bevölkerung den Auftrag zur Regierungsbildung angenommen und mit der CDU eine große Koalition gegründet. Gemäß Art. 23 der Landessatzung haben Sie geschworen, alles für das Wohl des Deutschen Volkes, insbesondere Schleswig Holstein zu tun.
Hervorgehoben haben sich leider nur Ihre Auseinandersetzungen und Machtkämpfe mit Herrn Carstensen. Die Landesregierung hat sich den Ruf des dauerverkrachtesten Regierungsbündnisses in Deutschland erarbeitet. Die HSH-Nordbank-Krise trug auch nicht zur Imageverbesserung bei.
Der 14. Platz im Bildungsmonitor würdigt auch die Arbeit der Bildungspolitik angemessen.
Das ganze schließt mit der unrühmlichen Stellung der Vertrauensfrage am 23.Juli 09 ab.
(Quellen: Frankfurter Rundschau; http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=1838714&
Bildungsmonitor: http://www.insm-bildungsmonitor.de/ , Focus und andere)
Nun meine Frage Herr Stegner. Was werden Sie persönlich tun, um das Vertrauen der Bevölkerung in Ihre Person, Ihre Arbeit, in die Politik und in Ihre Partei wieder herzustellen?
Viele Grüße
Olaf Fuhrmann
Sehr geehrter Herr Fuhrmann,
es ist schade, wenn von den Leistungen nur der Streit im Gedächtnis bleibt. Meiner Meinung nach wurde dieser überbewertet und teilweise bewusst hochgepuscht. Man muss sich nicht mögen, um zusammen politisch zu arbeiten. Bei den vermeintlichen Machtkämpfen ging es um politische Auseinandersetzungen über unterschiedliche politische Positionen. Lassen Sie mich nur drei wichtige Projekte der SPD in der vergangenen Legislaturperiode nennen:
1. Die SPD steht für gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni, um allen Kindern den Aufstieg zu ermöglichen. Wir haben deshalb erfolgreich, wenn auch mit viel Ärger mit der CDU, gegen eine stärkere Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten gekämpft. Dies hat mich letztlich das Ministeramt gekostet, aber die Eltern wieder von den Kosten entlastet.
2. Ich konnte als Innenminister gegen heftigsten Widerstand der CDU in einer Verwaltungsstrukturreform im kreisangehörigen Bereich den Rahmen dafür setzen, dass die Zahl der Ämter um über 70 % reduziert wurde. Das spart den Kommunen und damit dem Volk jährlich über 15 Mio. .
3. Wir haben mit unserer Bildungspolitik gegen zahlreiche Widerstände der CDU dazu beigetragen, dass mit dem Modell der Gemeinschaftsschule die Ungerechtigkeit unseres Bildungssystems, das durch viel zu frühe Auslese Kinder aus den unteren Schichten massiv benachteiligt, ein Stück weit aufgehoben wird. So bekommen mehr Kindern eine Chance auf eine Bildung, die ihren tatsächlichen Fähigkeiten entspricht. Viele Politikerinnen und Politiker aus anderen Bundesländern haben sich unser Modell angeschaut und in ihre politischen Pläne eingebaut.
Ich mache gerne und mit dem Willen Politik, die Bedingungen für das Leben der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Wir wollen Mindestlöhne, damit Menschen, die Vollzeit arbeiten, von ihrem Einkommen ihre Familien ernähren können. Wir wollen eine klimafreundliche Zukunft ohne die hohen Risiken der Atomkraft und Kohlendioxid-Einlagerung. Schwarz-Gelb dagegen setzt auf Atomkraft, würde den Kündigungsschutz aufweichen und die Steuern für Besserverdienende senken. Finanziert würde das hauptsächlich auf Kosten der Nicht- oder Geringverdienenden, entweder über die vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki angekündigte unsoziale Mehrwertsteuererhöhung oder die von seinem Bundesvorsitzenden Westerwelle propagierten Kürzungen bei Hartz IV. Die SPD möchte die Geringverdienenden entlasten, und die, die mehr haben, stärker an der Finanzierung von Bildung beteiligen. Wenn die Wählerinnen und Wähler es ermöglichen, werden die Gebührenfreiheit für den Kindergartenbesuch und ein Erdkabelgesetz, das den Ausbau der erneuerbaren Energien befördert, zu den ersten Amtshandlungen des künftigen Ministerpräsidenten Stegner gehören.
Ich werbe für unsere politischen Ziele, für eine Politik für die Mehrheit der Menschen. Dies tue ich in öffentlichen Debatten, an Info-Ständen auf der Straße, in Veranstaltungen sowie bei persönlichen Haustür-Gesprächen überall im Land. Ich erfahre hier sehr viel Zuspruch von den Bürgerinnen und Bürgern. Diese wissen sehr wohl, wer sich wirklich für ihre Belange einsetzt.
Herr Carstensen hat unter vorgeschobenen Gründen mutwillig die Koalition vorzeitig beendet, verdiente Ministerinnen und Minister und Staatssekretäre und damit das Ansehen aller Politikerinnen und Politiker beschädigt.
Ich versuche Vertrauen zu gewinnen, in dem ich deutlich für einen anderen Politikstil stehe, indem wir jetzt schon sagen, was wir vorhaben, und nicht wie die amtierende CDU-Landesregierung ankündigen, drei Tage nach der Wahl Sparvorschläge zu machen, und indem wir keine ungedeckten Wahlversprechen á la FDP machen.
Kommen Sie gerne in eine meiner Veranstaltungen, vielleicht hilft auch der persönliche Eindruck mehr als ein schriftliches Statement.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ralf Stegner