Frage an Ralf Grünke von Markus E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie wollen Sie dazu beitragen, dass die Geschehnisse von Chemnitz (Unruhen, Hass, Rassismus) sich nicht auf Hessen ausweiten?
Sehr geehrter Herr E.,
die vergangenen Tage haben mich persönlich bewegt und aufgewühlt. Ich wurde an der Technischen Universität Chemnitz promoviert (übrigens mit einer Arbeit über den Umgang mit dem Rechtsextremismus). Just am Wochenende der schrecklichen Ereignisse war ich mit meiner Frau und meiner Tochter in Chemnitz, um mit Freunden deren Hochzeit zu feiern. So viel vorweg.
Ausgangspunkt war der gewaltsame Tod eines Menschen. Das möchte ich nicht übersehen. Ich denke an diejenigen, die sich dem Opfer verbunden fühlen, und empfinde tiefes Mitgefühl. Wie groß muss der Schmerz sein, wenn der eigene Mann, der Sohn, der Kollege oder der Freund so aus dem Leben gerissen wird. Trauer ist die würdige und angemessene Reaktion. Was wir stattdessen gesehen haben, hat Menschen in unserem Land (und darüber hinaus) entsetzt. Und hat nichts mit dem Gedenken an Daniel H. zu tun.
Menschen, die fremd aussahen, wurden bedroht und die Straße hinuntergejagt. Journalisten wurden angegriffen. Neonazis skandierten "frei, sozial und national" und zeigten den Hitlergruß. Tausende marschierten Seite an Seite mit ihnen.
Ihre Frage lautet nun, was wir gegen Unruhen, Hass und Rassismus unternehmen können.
Erstens: Wer zu Gewalt greift oder unsere freiheitliche Grundordnung beseitigen will, hat mit der streitbaren Demokratie zu rechnen. Polizei und Landesamt für Verfassungsschutz müssen mit genug Geld und Personal ausgestattet sein.
Zweitens: Eine engagierte Sozialarbeit in Schulen, Vereinen, Kirchen und Moscheegemeinden kann verhindern, dass immer mehr junge Menschen in extremistische Milieus abgleiten.
Drittens: Wir müssen das Vertrauen in unsere Demokratie wieder herstellen. Die hessische ÖDP hat eine Sammelpetition für eine saubere Demokratie gestartet, deren Umsetzung hierzu einen Beitrag leisten könnte.
Viertens: Es ist Zivilcourage gefragt. Werte, die bislang als selbstverständlich galten, und auf die man sich nicht immer wieder aufs Neue zu verständigen brauchte, werden heute infrage gestellt. Deshalb müssen sich mehr Menschen zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen und für sie eintreten. Schon Anfang März hatte ich eine Selbstverpflichtung zu einem rassismusfreien Wahlkampf veröffentlicht. Die Wahlkreisbewerber der anderen Parteien hatte ich eingeladen, sich mit anzuschließen. Für die Kandidaten von SPD, CDU, Freien Wählern und der Linken war dies übrigens eine Selbstverständlichkeit. Heute habe ich beim Ordnungsamt der Stadt Nidderau eine Mahnwache gegen Rassismus angemeldet. Sobald mir eine Bestätigung vorliegt, veröffentliche ich auf meiner Kandidatenseite auf Facebook Details.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Ralf Grünke