Sehr geehrter Herr Wieland, wie stehen Sie zum sogenannten PFOF im Hinblick auf deutsche Finanzstartups und privater Altersvorsorge?
Sehr geehrter Herr R.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Zahlungen für Auftragsvermittlung“ („Payment For Order Flow“, PFOF) im Hinblick auf deutsche Finanzstartups und private Altersvorsorge, auf die ich hiermit höflich Bezug nehme und für deren verspätete Beantwortung ich höflich um Nachsicht bitte. Gerne möchte ich Ihnen den aktuellen Stand der Entwicklungen hinsichtlich dieser „Payments for Order Flow“ auf EU-Ebene erläutern sowie die Position der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlaments zu diesem Thema darlegen.
Am 25. November 2021 hat die EU-Kommission eine Überarbeitung der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) und der zweiten Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) vorgelegt, die Wertpapierdienstleistungen und Finanzmarkttätigkeiten in der EU regeln. Der Rat hat nun Änderungen der EU-Vorschriften für den Wertpapierhandel angenommen, mit denen Anleger Zugang zu den für Investitionen in Finanzinstrumente erforderlichen Marktdaten erhalten sollen.
Das Europäische Parlament hatte sich am 16.01.2024 schließlich für das Ergebnis der interinstitutionellen Verhandlungen ausgesprochen und sowohl die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) als auch die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) verabschiedet.
Als CDU/CSU-Gruppe befürworten wir dabei das globale Ziel des europäischen Gesetzgebers, Märkte für Finanzinstrumente transparenter zu gestalten und die globale Wettbewerbsfähigkeit der Kapitalmärkte in der EU zu erhöhen. Das im Rahmen der Finanzmarktverordnung MiFIR verabschiedete Verbot der Rückvergütung von Order-Routing von Brokern zugunsten bestimmter Handelsplätze („Payment for Order Flow“, PFOF) tragen wir als CDU/CSU-Abgeordnete allerdings nicht mit und haben unter anderem aus diesem Grund gegen den Text votiert.
Dieses Gebührenmodell, über das Neobroker eine Rückvergütung für das Weiterleiten von Orders an bestimmte Handelsplätze bekommen, ermöglicht es diesen Unternehmen, ihren Kunden eine zum Teil kostenfreie oder vergleichsweise günstige Order-Ausführung anbieten zu können. Da für die meisten Kleinanleger die Transaktionskosten ein ganz entscheidender Faktor für den Anlageerfolg sind, halte ich ein auf „Payment for Order Flow“ basierendes Geschäftsmodell grundsätzlich für eine kundenfreundliche Lösung. Diese Praxis hat in den vergangenen Jahren gerade in Deutschland viele junge Menschen dazu bewegt, sich intensiver mit möglichen Geldanlagen für die künftige Altersvorsorge zu beschäftigen.
Mit dem Verbot von PFOF ab Juli 2026 fällt diese kostengünstige Art der Geldanlage als Altersvorsorge für Kleinanleger schließlich weg und der Wertpapierhandel für Verbraucherinnen und Verbraucher wird insgesamt kostspieliger, was dem ursprünglichen Ziel einer für Kleinanleger attraktiven europäischen Kapitalmarktunion zuwiderläuft.
In den parlamentarischen Beratungen hat sich die CDU/CSU-Gruppe deshalb gegen ein solches Verbot positioniert und unter Federführung unseres Koordinators, Markus Ferber MdEP, im Wirtschafts- und Währungsausschuss entsprechende Änderungsanträge eingereicht, um ein Verbot von „Payment for Order Flow“ zu verhindern. Bedauerlicherweise hat es für eine von der CDU/CSU-Gruppe vorgeschlagene pragmatischere Kompromisslösung im Europäischen Parlament am Ende jedoch keine Mehrheit gegeben – insbesondere deshalb nicht, weil das Verbot von sozialdemokratischer, grüner und teilweise liberaler Seite unterstützt wurde.
Hinzukam, dass es auch im Rat wenig Kompromissbereitschaft für ein als rein deutsches Anliegen wahrgenommenes Thema gab, sodass wir auch auf Seiten der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Trilogverhandlungen kein verbraucherfreundlicheres Ergebnis erzielen konnten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen unseren Standpunkt etwas näherbringen und danke Ihnen nochmals für Ihre Anfrage zu diesem wichtigen Thema.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Wieland