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Frage von Paul L. •

Frage an Rainer Wend von Paul L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Wend,

Ihre Antworten könnten von der INSM diktiert sein!

Hessen
Zitat Müntefering: „Es ist ungerecht, dass Politiker immer an ihren Versprechen vor der Wahl gemessen werden."
Warum essen Sie freiwillig das Brot, dass Ihnen die CDU backt? Was ist Ihnen wichtiger, Koch abzulösen um das SPD-Wahlprogramm zu realisieren oder sich auf unbestimmte Zeit der Linken verweigern; obwohl man in vielen Punkten gleiche Ziele verfolgt? Stimmt es Sie denn nicht nachdenklich, dass diese Kritik vor allem aus den Reihen der CDU kommt?

Globalisierung
Bezeichnend beschreiben Sie die Position der „neuen SPD“: „...das Kapital wird da investiert, wo es die meisten Profite erzielen kann“. Also Vorrang für das Kapital. Nicht fairer internationaler Handel ist das Problem, sondern der von Deutschland unterstützte Neoliberalismus, der mit Deregulierung, Privatisierung und Monopolisierung den Sozialabbau betreibt. Die Folge: der soziale Frieden in Deutschland und in Europa ist gefährdet. Also nicht die Globalisierung an sich ist schlecht, sondern nur die Gestaltung.
Das Fazit der aktuellen Befragung von Infratest dimap: „Die SPD wird mehrheitlich von den Befragten nicht mehr als Partei für soziale Gerechtigkeit betrachtet“.
Herr Dr. Wend, wo sehen Sie denn dafür die Ursachen?

Mythos Bevölkerungsentwicklung
Mit 231 Einwohner/km2 ist Deutschland eines der dicht besiedelten Länder der Erde. Weniger Menschen sollten eigentlich mehr Wohlstand für alle bedeuten. Die Produktivität wächst kontinuierlich. Das Statistische Bundesamt spricht selbst nur von Modellen und nicht von Prognosen. Wenn Sie aber den Modellen schon so sehr vertrauen, warum reagiert darauf die Politik nicht unverzüglich, gestaltet die Zukunft und verbessert die Rahmenbedingungen für Familien, Schulen und sorgt für einen Arbeitsmarkt mit weniger Risiken für Arbeitnehmer?
Die Welt die wir erleben ist das Ergebnis menschlichen Handelns. Meinen Sie nicht, dass die Politik daran wesentlichen Anteil hat?

MfG
Paul Laudenberg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Laudenberg,

in meiner vorherigen Antwort habe ich Ihnen ausführlich dargelegt, warum eine Zusammenarbeit mit der Partei "Die Linke" für mich nicht in Frage kommt. Hierzu sind aus meiner Sicht keine weiteren Ausführungen nötig.

Eine Gefährdung des sozialen Friedens kann ich derzeit weder in Deutschland noch in Europa erkennen. Allerdings müssen wir uns alle daran gewöhnen, dass sich unsere Gesellschaft nicht mehr unter den gleichen Bedingungen entwickelt wie noch vor 50 Jahren. Die von der Politik über Jahrzehnte geschürte Illusion, der Staat könne immer neue und umfassendere Leistungsansprüche befriedigen, geht leider nicht in Erfüllung. Denn die Rahmenbedingungen für staatliches Handeln haben sich - wie in meiner vorherigen Antwort beschrieben - durch die Globalisierung und die demographische Entwicklung stark verändert. Wir können darauf nicht mit den Instrumenten der siebziger Jahre reagieren, sondern nur mit mutigen -- und leider manchmal auch unpopulären -- Reformen. Sicherlich hat die Politik den Menschen in den vergangenen Jahren eine Reihe von zum Teil schmerzhaften Reformen zugemutet. Diese Reformen haben aber dazu geführt, dass unser Land in vielen Bereichen heute deutlich besser aufgestellt ist, als noch zu Beginn der 90er Jahre: Die Zahl der Arbeitslosen ist um zwei Millionen zurückgegangen. Weil so viele Menschen wie noch nie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, haben sich auch die Sozialkassen wieder solide gefüllt. Im vergangenen Jahr hatten wir erstmals seit der Wiedervereinigung einen ausgeglichenen Staatshaushalt und im Jahr 2011 wollen wir endlich auch wieder einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen. Das war zuletzt 1969 der Fall! Ich denke, diese Erfolge machen deutlich, dass sich die Arbeit und Mühen der vergangenen Jahre gelohnt haben und die SPD sich auch weiterhin zu Recht als "soziale" Partei bezeichnen kann.

Wenn Sie glauben, durch einen Rückgang unserer Bevölkerungszahl würde sich der Wohlstand vergrößern, irren Sie. Zum einen sind unsere Sozialsysteme (Renten-, und Kranken- und Pflegeversicherung) darauf angewiesen, dass es ausreichend Beitragszahler, also junge, arbeitende Menschen gibt. Zum anderen existiert in unserer Wirtschaft bereits heute ein Fachkräftemangel, der sich durch den Bevölkerungsrückgang noch verstärken wird. Deshalb müssen wir zum unsere Sozialsysteme reformieren und darauf einrichten, dass sich das Verhältnis von Beitragszahlern und Beitragsempfängern grundlegend ändert. Außerdem müssen wir unser Land für ausländische Fachkräfte öffnen, um zu verhindern, dass unsere Wirtschaft durch einen Mangel an Fachkräften geschwächt wird.

Genau wie von Ihnen gewünscht, hat die moderne Sozialdemokratie die veränderten Herausforderungen erkannt und mit den Reformen der Agenda 2010 begonnen, darauf zu reagieren. Diesen ersten Reformen müssen und werden weitere folgen. Dafür wird sich die Sozialdemokratie auch in Zukunft einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Wend