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Frage von Dirk R. •

Frage an Rainer Wend von Dirk R. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Herr Wend,

wie erklären Sie die immense Gerechtigkeitslücke gemeiner Bürger gegenüber Beamten.
Warum duldet die Politik die fehlende Beteiligung and den Sozialversicherungen (Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung)?

Warum muss ich akzeptieren, dass die Einheitsrente (inkl. Altersarmut), Basisversorgung Gesundheit und Versteuerung von priv. Vorsorge mich voll trifft, während Pensionen (Steuerfinanziert), private Krankenversicherung (inkl. Dienstherrenzuschüsse) die Beamten weiter privilegiert?

Kann es sein, dass fraktionsübergreifend im Bundestag über 60% der Abgeordneten einen verbeamteten Berufshintergrund haben und daher sicher keine Veränderung eintritt? (Sie wissen schon, die Krähen und die Augen...)

Beste Grüße aus Bielefeld

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ramsbock,

eine große Gerechtigkeitslücke zwischen Beamten und anderen Bürgern kann ich nicht erkennen. Sicherlich haben Beamte eine Reihe von Privilegien, die Arbeitnehmer nicht haben. Beamte unterscheiden sich aber auch in ihrer Rechtsstellung in vielfacher Weise von "normalen" Arbeitnehmern. Sie haben zum Beispiel besondere Loyalitätspflichten, ein Streikverbot und können von ihrem Dienstherren auch an andere Einsatzorte versetzt werden. Der Staat ist nicht vergleichbar mit einem privaten Unternehmen. Ohne eine handlungsfähige Regierung, eine unabhängige Justiz und eine rechtsstaatliche Verwaltung würde das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nicht funktionieren. Deshalb brauchen wir Beamte, die gegenüber ihrem Dienstherren in einem besonderen Verhältnis stehen.

Die Politik hat den Menschen in den vergangenen Jahren eine Reihe von -- zum Teil schmerzhaften -- Reformen zugemutet, die dazu geführt haben, dass unser Land in vielen Bereichen heute deutlich besser aufgestellt ist, als noch zu Beginn der 90er Jahre. Auch die Beamten wurden dabei nicht verschont. So wurde zum Beispiel das Weihnachtsgeld für Bundesbeamte gestrichen, die Landesbeamten mussten ebenfalls deutliche Kürzungen beim Weihnachtsgeld hinnehmen und die Wochenarbeitszeit der Bundes- und Landesbeamten wurde auf bis zu 42 Stunden erhöht. Ich stimme Ihnen zu, dass die Zahl der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes im Deutschen Bundestag zu hoch ist und dass sich dadurch die Modernisierung des Beamtentums gelegentlich verzögert. Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass Sie nicht der Einzige sind, der die Politik auf die vermeintliche Privilegierung der Beamten hinweist und dadurch ein starkes Bewusstsein für diese Thematik herstellt. Auch die Lobby des Deutschen Beamtenbundes ist zwar stark, aber keinesfalls ohne ausreichend Widerspruch, so dass die Beamten auch weiterhin nicht von Reformen oder Kürzungen verschont werden.

Die große Zahl der Beamten im Parlament hängt übrigens vor allem damit zusammen, dass Beamte nach dem Ausscheiden aus dem Parlament ein uneingeschränktes Rückkehrrecht in ihr früheres Arbeitsverhältnis haben. Zwar haben auch Nichtbeamte, die sich um ein Bundestagsmandat bemühen, einen Kündigungsschutz. Dieser gilt für die Zeit der Mandatsausübung sowie ein Jahr nach Mandatsende. Allerdings gestaltet sich die Rückkehr in die Firma nach Jahren der Abwesenheit bei weitem nicht so problemlos wie bei Beamten, die ihren Arbeitsplatz in einer Behörde wieder einnehmen. Selbstständige haben es hier noch weitaus schwieriger -- vor allem wenn ihnen zunehmend die Ausübung von Nebentätigkeiten, die ein Weg zurück in das Berufsleben sein können, erschwert wird.

Eine Beteiligung der Beamten an den gesetzlichen Sozialversicherungen würde übrigens das strukturelle Finanzproblem der Sozialversicherungen nicht lösen. Durch die Ausweitung des Einzahlerkreises würde sich das Liquiditätsproblem zwar kurzfristig entspannen. Jeder Beitragszahler erwirbt aber auch einen Leistungsanspruch. Langfristig hätte man also durch die Ausweitung des Einzahlerkreises wenig gewonnen, da sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Leistungsempfängern nicht ändern würde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rainer Wend