Frage an Rainer Wend von Joern O. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Wendt,
ich bitte vor dem Hintergrund der unglaublichen und instinktlosen Diätenerhöhung der MdB sowie der tatsächlichen Verbesserung der Altersversorgung der MdB (Pensionsanwartschaft nunmehr bereits ab dem 1. Mandatsjahr) ab 2008 um eine einleuchtende Erklärung dafür, warum die Bundesregierung das Existenzminimum für 2008 (Alleinstehender: 7.140€/p.a.) GERINGER ansetzt, als z.B. für 2005 (Alleinstehender: 7.356€ / p.a.). siehe hierzu 16/3256
Für die Diätenerhöhung musste als Begründung u.a. die gestiegenen Lebenshaltungskosten herhalten, die unbestritten mit den enorm gestiegenen Kosten für Energie, (Grund-)Nahrungsmitteln sowie letztlich aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung um 3% zu verzeichnen sind.
Wie kann es also sein, dass der deutlich gestiegene Lebenshaltungskostenindex bei Abgeordneten zu nahezu 10% Erhöhung, bei Hilfsbedürftigen und ´normalen´ Steuerzahlern zu einer Absenkung führt?
In gespannter Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüssen
Jörn Oppermann
Sehr geehrter Herr Oppermann,
die im Existenzminimumbericht festgesetzten Werte sind eine Prognose für die kommenden zwei Jahre. Bei der Erstellung des letzten Wertes war diese Prognose schlichtweg falsch. Das Ministerium hat sich bei der Berechnung der zu erwartenden Entwicklungen verschätzt und beispielsweise weitaus deutlichere Preissteigerungen angenommen, als dann tatsächlich eingetreten sind. Grundlage für den neuen Bericht ist aber selbstverständlich nicht die im letzten Bericht getroffene Prognose, sondern die tatsächliche Entwicklung. Da der reale Wert deutlich unter der im letzten Bericht angenommenen Prognose lag, liegt auch das ermittelte Existenzminimum niedriger als vor zwei Jahren. Da Sie in Ihrer Frage die betreffende Drucksache angeben, nehme ich an, dass Sie den Bericht gelesen haben und ich hier nicht noch einmal wiederholen muss, wie das Bundesfinanzministerium zu den entsprechenden Werten gekommen ist.
Unmittelbare Auswirkungen hat dieses Existenzminimum übrigens nur auf den steuerlichen Freibetrag. Es ist verfassungsgemäß festgelegt, dass das Existenzminimum steuerfrei gestellt werden muss. In den nächsten zwei Jahren müssen also 7.140 Euro pro Jahr für Alleinstehende steuerfrei sein. Tatsächlich sind aber für jeden Einkommensteuerpflichtigen 7.664 Euro im Jahr steuerfrei. Der Freibetrag liegt also ohnehin deutlich über dem Existenzminimum. Faktisch hat der im Existenzminimum festgelegte geringere Wert deshalb keine Auswirkungen.
Ich begründe die beschlossene Erhöhung der Abgeordnetendiäten übrigens nicht mit gestiegenen Lebenskosten. Vielmehr ist seit 1995 im Abgeordnetengesetz festgelegt, dass die Diäten der Abgeordneten sich an den Bezügen von Bürgermeistern kleinerer Städte (50.000-100.000 Einwohner) und einfacher Bundesrichter orientieren sollen (Besoldungsgruppe B6/R6). Diese Orientierungsgröße wurde in der Praxis allerdings nie erreicht. Aktuell liegen die Bezüge der Abgeordneten um 9,4% unter denen der Besoldungsgruppe B6/R6, also um genau den Wert, um den sie in den kommenden zwei Jahren erhöht werden.
Die Altersvorsorge halte ich – wie bereits mehrfach gesagt – für den größten Schwachpunkt der jetzt beschlossenen Diätenerhöhung. Ihre Kritik in diesem Punkt kann ich deshalb gut nachvollziehen. Nicht nur ich selbst, sondern große Teile meiner Fraktion hätten sich hier andere Regelungen gewünscht. Unser Koalitionspartner wollte dagegen keinerlei Veränderungen bei der Altersversorgung. Die nun beschlossene Kürzung der Altersversorgung von Abgeordneten (um insgesamt immerhin 16%) ist also ein Minimalkompromiss, der nötig war, um überhaupt Änderungen bei der Altersversorgung durchzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Wend