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Frage von Uwe S. •

Frage an Rainer Wend von Uwe S. bezüglich Recht

Bezugnehmend auf Ihre Antwort vom 20.03.2007 auf die Frage vom 05.03.2007 (Abmahnungswelle 14 Tage Widerrufsrecht Ebay)

Ich bin da NICHT Ihrer Ansicht, denn gerade bei dem gesamtem Thema Fernabsatz besteht enormer politscher Handlungsbedarf, Die Gesetze müssen dringend dem schnell wachsenden und verändertem Online-Markt angepasst werden.

Ein Gericht ist der Auffassung, dass die von Ihnen angesprochene Musterbelehrung NICHT verwedet werden darf!
Hier nachzulesen: http://www.internetrecht-rostock.de/widerrufsbelehrung-frist-textform.htm
Was im Gesetzbuch steht ist falsch und sehen keinen Handlungsbedarf?

Wir sind auch der Meinung, dass Verbraucher geschützt werden müssen und Händler die sich nicht an bestehende Gesetze halten zurechtgewiesen werden müssen.
Jedoch bei der enormen ungenauen Gesetzeslage muß man als Onlinehändler immer einen Anwalt beschäftigen und selbst der ist überfordert, da es keine klaren Vorgaben und Gesetze gibt.

Hier einige wenige Beispiele:
Wiederrufsbelehrung: wann in welcher Form (Textform ist auf Internetseiten NICHT gegeben, warum soll die dann dort stehen?) und wie kann man als Händler nachweisen, dass die gelesen wurde (nicht gelesen = nicht erhalten!)?
Was ist bei Rückgabe mit den Versandkosten für den Hinversand ?
Preisauszeichnungspflicht bei Auktionen (kg, Liter usw.)?
Ich könnten noch mehr Beispiele bringen.

Auf der Seite: www.internetrecht-rostock.de können Sie sich ein Bild von den Wirren rund um den Fernabsatz machen.

Wir als Händler versuchen alles, um dem Gesetz in unseren Online Angeboten gerecht zu werden, das Ganze jedoch nur für unsere Mitbewerber die uns kostenpflichtig abmahnen könnten.
Das passiert nicht mehr um den Verbraucher aufzuklären oder zu schützen.

Meine zentrale Frage ist:
Wie kann das Bundesministerium bei dieser schwammigen Gesetzeslage keinen Handlungsbedarf sehen?
Wurde das genau geprüft?
Änderungen sind nicht nur meiner Meinung nach nötig!

Viele Grüße
Uwe Stobinski

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Stobinski,

auch nach nochmaliger Rücksprache mit dem Justizministerium bleibe ich meiner Ansicht, dass es beim Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen keinen politischen Handlungsbedarf gibt.

Bei Fernabsatzverträgen ist eine Widerrufsbelehrung notwendig, sobald der Verkäufer in Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Die Widerrufsbelehrung muss dem Verbraucher in Textform mitgeteilt werden, und zwar bei der Lieferung von Waren spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher. Textform bedeutet, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden muss. Hierbei reicht die Übermittlung durch E-Mail oder Computerfax, während ein entsprechender Hinweis auf der Homepage des Unternehmens grundsätzlich nicht als genügend erachtet wird.

Inhaltlich muss die Widerrufsbelehrung insbesondere über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichten. Dazu gehört auch ein Hinweis auf die Widerrufsfrist. Diese beträgt grundsätzlich zwei Wochen. Wird die Belehrung in der erforderlichen Textform erst nach Vertragsschluss mitgeteilt, beträgt die Frist abweichend davon einen Monat. Je nachdem, ob das im Fernabsatz tätige Unternehmen vor bzw. mit Vertragsabschluss oder aber erst danach über das Widerrufsrecht formgerecht belehrt, ist in der Widerrufsbelehrung eine Widerrufsfrist von zwei Wochen oder einem Monat anzugeben. Die vom Justizministerium veröffentlichte Musterbelehrung sieht eine entsprechende Differenzierung vor (siehe Gestaltungshinweis 1 der Musterbelehrung).

Die BGB-Informationsverordnung legt eindeutig fest, dass eine Belehrung über das Widerrufsrecht den gesetzlichen Anforderungen genügt, wenn das Muster der Anlage 2 verwandt wird (§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV). Demzufolge hat eine Klage auf Erstattung der Abmahnkosten bei Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung in Textform keine Aussicht auf Erfolg.

Mir ist bekannt, dass es einige Instanzgerichte gibt, die die genannte Vorschrift der BGB-InfoV für nichtig halten. Eine unterschiedliche Beurteilung rechtlicher Sachverhalte durch Instanzgerichte ist gerade bei der Anwendung neuerer Gesetze durch die Gerichte nichts Ungewöhnliches, wenn es – wie in diesem Fall – höchstrichterliche Entscheidungen noch nicht gibt. Ich teile diese Auffassung der erstinstanzlichen Gerichte aber nicht, denn die Widerrufsbelehrung muss dem Verbraucher seine Rechte lediglich deutlich machen, nicht aber über sämtliche Details bei jeder denkbaren Fallgestaltung aufklären. Deshalb bleibe ich bei meiner Aussage, dass jeder Verkäufer, der die Musterwiderrufsbelehrung verwendet hat und trotzdem einen Abmahnbescheid erhält, mit Hilfe eines Anwalts Einspruch erheben sollte.

Wichtig ist allerdings, die Musterbelehrung nicht unzutreffend zu vervollständigen und die erforderliche Textform zu beachten. In diesem Kontext sind auch die Entscheidungen des Berliner Kammergerichts aus dem Jahr 2006 zu sehen. Denn beiden Entscheidungen lag jeweils ein Fall zugrunde, in dem der abgemahnte Unternehmer zwar das Muster für die Widerrufsbelehrung verwendet, dieses jedoch nicht in Textform mitgeteilt, sondern lediglich auf seiner Homepage zur Verfügung gestellt hatte. Die von dem Unternehmer in das Musterformular eingetragene Widerrufsfrist von zwei Wochen hielt das Gericht – nach den obigen Ausführungen folgerichtig – mangels formgerechter Belehrung vor Vertragsschluss für unzutreffend. Grundsätzliche Bedenken in Bezug auf die Ausgestaltung der Musterbelehrung hat das Kammergericht dagegen nicht geäußert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rainer Wend