Portrait von Rainer Wend
Rainer Wend
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Rainer Wend zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Frank H. •

Frage an Rainer Wend von Frank H. bezüglich Finanzen

Hallo Dr. Wend

Können Sie mir bitte die Politik erklären? Wann heisst nein wirklich nein und wann heißt es ja?
In Ihren Fragen zur letzten Bundestagswahl haben Sie die Mehrwertsteuererhöhung ausgeschlossen, trotzdem haben Sie aber zugestimmt. Was soll sowas? Ich habe nicht in erster Linie die Partei SPD gewählt, sondern SIE! Daher bitte keinen Vortrag über Parteidisziplin oder Koalitionszwänge.
Wo bitte liegt der Vorteil einen direkten Vertreter wählen zu können, wenn dieser nicht seine eigene Meinung (oder besser meine!) vertritt, sondern das macht, was der Parteivorstand sagt? Das ist der zweite Punkt, den ich nicht verstehe.

MfG,
Frank Hein

Portrait von Rainer Wend
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hein,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne beantworte.

Ich gebe zu, dass meine Zustimmung zur Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mit dem zusammenpasst, was ich im Bundestagswahlkampf gesagt habe. Ihre Kritik ist insoweit berechtigt. Gerne nennen ich Ihnen die Gründe, die mich entgegen meiner Ankündigung im Bundestagswahlkampf bewogen haben, der Steuererhöhung zuzustimmen:

Als Sozialdemokrat will ich auch in Zukunft einen handlungsfähigen und sozialen Staat, eine starke Wirtschaft, eine menschliche Gesellschaft, Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit, die unseren Kindern eine Chance auf eine lebenswerte Zukunft ermöglicht. Diese Ziele erfordern ausreichend finanzielle Mittel. Die Lage der Haushalte von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen hat sich aber seit Mitte der neunziger Jahre ständig verschlechtert. Die öffentlichen Haushalte befinden sich in einer außerordentlich ernsten Lage, die laufenden Ausgaben liegen zum Teil dramatisch über den regelmäßig fließenden Einnahmen. Der daraus erwachsende Konsolidierungsbedarf ist enorm und kurzfristig nicht zu bewältigen. Seit Jahrzehnten wird kontinuierlich die Illusion geschürt, der Staat könne immer neue und umfassendere Leistungswünsche befriedigen. Dabei wissen wir alle, dass leider auch unpopuläre Maßnamen und Einschnitte notwendig sind, um die oben genannten Ziele zu erreichen.

Natürlich hätte ich gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer stimmen können, denn ein Abgeordneter ist bei seinen Entscheidungen nur seinem eigenen Gewissen verpflichtet und sonst niemandem! Mir wäre dieses Nein sicherlich leichter gefallen als die Zustimmung und ich weiß, dass auch meine Wählerinnen und Wähler damit zufriedener gewesen wären. Durch dieses Nein hätte ich mich aber nur der Verantwortung für diese unpopuläre Maßnahme entzogen. An der oben geschilderten Lage der Haushalte hätte sich nichts geändert und wir hätten an anderer Stelle – beispielsweise beim BaföG, beim Erziehungsgeld, bei den Renten usw. – sehr einschneidende Kürzungen vornehmen müssen. Ich habe sehr gewissenhaft über die möglichen Alternativen einer Mehrwertsteuererhöhung nachgedacht. Am Ende hatte die dringend notwendige Konsolidierung der Haushalte für mich Priorität und ich habe mich entschlossen, der Steuererhöhung zuzustimmen.

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass ich meine Entscheidung unabhängig treffe. Als einzelner Politiker habe ich im Bundestag aber keinen Einfluss. Ich bin immer auf die Zusammenarbeit mit anderen angewiesen, um meine eigenen Vorstellungen verwirklichen zu können. Diese Zusammenarbeit bedeutet natürlich auch, dass ich Kompromisse eingehen muss und meine Vorstellungen nicht immer eins zu eins umsetzen kann. Allerdings sind Kompromisse auch nicht immer negativ. Sie garantieren auch, dass es in Deutschland keine plötzlichen großen Umbrüche in der Politik gibt, da an allen Entscheidungen sehr viele verschiedene Interessenvertreter beteiligt sind.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rainer Wend