Frage an Rainer Stinner von Jeannette T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Stinner,
der Nachrichten-Sender B-5-aktuell berichtete heute - Montag, 19. Mai 2008 - dass zahlreiche bayerische Bundestagsabgeordnete an den Flughäfen München und Nürnberg kostenlos ihr Auto in den Parkhäusern abstellen. Laut den Recherchen des BR beläuft sich der Gegenwert dieser kostenfreien Parkhausnutzung auf 4900,- Euro.
Laut der Münchner Abendzeitung sind derartige Zuwendungen von Unternehmen die sich in staatlicher Hand befinden - das gilt für den Münchner Airport ebenso wie für den Flughafen Nürnberg - nicht mit den "Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestags" vereinbar. (Quelle: http://www.abendzeitung.de/muenchen/28568 - "Freiparken für Politiker am Flughafen" - 19. Mai 2008 )
Immer wieder betonen Bundestagsabgeordnete, dass die steuerfreie Kostenpauschale u. a. notwendig ist, um den Kontakt zu den Wählern und Bürgern im Wahlkreis zu pflegen - so bin ich davon ausgegangen, dass die Parkgebühren an den Flughäfen mit dieser Kostenpauschale verrechnet werden. Da bin ich offensichtlich von falschen Vorraussetzungen ausgegangen.
Im Flughafenumland wundert man sich immer wieder, warum sich Abgeordnete nicht zum Thema Fluglärm, Kerosinbesteuerung oder Nachtflugregelung äussern - angesichts dieser Freiparkscheine wird diese Sprachlosigkeit verständlich.
Können Sie sich vorstellen, dass diese Praxis - in Anbetracht der derzeitigen Diskussion um die "Anpassung" der Abgeordneten-Diäten - geringe Zustimmung bei den Bürgern findet und ein derartiges Verhalten das Vertrauen in die Abgeordneten nicht unbedingt fördert?
Auf Ihre Antwort bin ich sehr gespannt und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen
Jeannette Treßelt
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Quelle: Augsbuger Allgemeine - 20. Mai 2008 "Politiker parken kostenlos am Airport"
Sehr geehrte Frau Treßelt,
in der Tat berührt Ihre Frage viele Aspekte des Verständnisses der Mandatsausübung durch die Abgeordneten des Bundestages. Wie Sie vielleicht wissen, werden die mandatsbedingten Reisekosten per Bahn und per Flugzeug vom Bundestag übernommen. Mit der uns zur Verfügung gestellt Bahncard können wir auch in den Parkhäusern der Bahn an den Bahnhöfen parken. Der Parkschein für die Flughafengaragen stellt hier dieselbe Bedingung für Flugreisen her. Die Flughäfen geben für Vielflieger (also für große Kunden) in großer Zahl solche Parkscheine aus, für eine ganze Vielzahl von Berufsgruppen, wie z.B. Journalisten und Funktionäre, und eben auch für Abgeordnete. Wir erwarten bezüglich Zulässigkeit der Parkregelung eine abschließende Klärung durch den Bundestagspräsidenten.
Das diese Praxis, auch im Zusammenhang mit der Diskussion um die Diätenerhöhung, auf geringe Zustimmung in der Bevölkerung trifft, wird deutlich. Allerdings habe ich noch nie erlebt, dass irgendeine Diätenerhöhung zu irgendeiner Zeit in irgendeiner Höhe jemals auf Zustimmung in der Bevölkerung getroffen ist.
Bezüglich der Diätenerhöhung hat meine Partei eine ganz klare Meinung: wir wollen endlich davon wegkommen, dass die Abgeordneten selbst über ihre Diäten entscheiden. Das wird in der Bevölkerung immer als Selbstbedienung wahrgenommen. Deshalb sollte nach unserem Willen eine neutrale Kommission, die beim Bundespräsidenten angesiedelt ist, über die Entlohnung der Abgeordneten entscheiden. Seit Jahren bringen wir einen diesbezüglichen Antrag in den Bundestag ein. Er wurde bisher immer von allen anderen Parteien abgelehnt. Das PR-Desaster der Regierungsfraktionen in der letzten Woche bezüglich der Diätenerhöhung, die wir ablehnen, führt wohl gegenwärtig wohl doch bei einigen Kollegen der Regierungsfraktion zu einem Umdenken. Obwohl wir also aus grundsätzlichen Überlegungen für eine völlig anderes System sind, will ich doch auf die Frage der Diätenerhöhung eingehen. Schon vor einigen Jahren hat man beschlossen, dass Abgeordneten so wie Landräte und Bürgermeister kleinerer Städte besoldet werden sollen. Als Referenzgröße ist das Gehalt eines „einfachen“ Bundesrichters. Demnach hätten die Diäten auch in den letzten Jahren jeweils moderat entsprechend der Steigerung des Referenzgehaltes angepasst werden müssen. Da aber eine Diätenerhöhung zu keinem Zeitpunkt „in die Landschaft passt“, hat der Bundestag aus Feigheit diese Anpassung mehrere Jahre nicht vorgenommen, sodass die Diäten schließlich um ca. 700 € pro Monat unterhalb der Referenzgröße lagen.
Dies ist dann in zwei „großen Schlucken“ zum 1.1.2008 und zum 1.1.2009 nachgeholt worden. Gleichzeitig hat die Mehrheit (gegen unsere Stimmen, s.o.) beschlossen, nunmehr die Anpassung der Diäten unmittelbar jährlich mit der Erhöhung des Referenzgehaltes vorzunehmen. Wie viele meiner Kollegen war mir nicht klar, dass das schon auch für den 1.1.2009 gelten soll, für den ja sowieso schon die „Nachholerhöhung“ vorgesehen war. Das haben die Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD völlig alleine beschlossen. Auch die Kollegen dieser Fraktionen waren nicht eingeschaltet. Das führte dann zu dem bekannten PR-Desaster und zu dem Rückzieher der Regierungsfraktionen.
Wenn es zu keinem Systemwechsel, wie von uns gefordert, kommt, entsteht also schon jetzt wieder eine Lücke zwischen dem Referenzgehalt und den Diäten, die dann irgendwann wieder in einem „großen Schluck“ nachgeholt wird. Das führt dann wieder zu den bekannten Reaktionen in der Öffentlichkeit. Ein für alle Beteiligten frustierender Teufelskreis, der nur mit einem Systemwechsel beendet werden kann.
Beste Grüße
Rainer Stinner