Frage an Rainer Stinner von Tobias D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Stinner,
ich interessiere mich für Ihre persönliche Haltung und die Ihrer Fraktion zur Außenpolitik der BRD gegenüber der DVRK (ab jetzt Nordkorea) und würde mich freuen, wenn Sie mir die Position Ihrer Fraktion oder Ihre persönliche Haltung erläutern könnten. Um die Frage etwas einzugrenzen folgen einige Eckpunkte, die ich besonders spannend finde.
Empfinden Sie die aktuelle Politik gegenüber Nordkorea, mit besonderem Blick auf die Themen Menschenrechte und Denuklearisierung, aber auch bezüglich dem langfristigen Ziel der Entspannung der Situation auf der Koreanischen Halbinsel als hinreichend? Wenn nein, was Bundesregierung besser machen? Gibt es beispielsweise außenpolitische Potentiale gegenüber Nordkorea, die die Bundesrepublik bisher nicht ausnutzt?
Sehen Sie ein Spannungsfeld zwischen den Sanktionen gegen Nordkorea und humanitären Zielsetzungen der Völkergemeinschaft, sehen Sie also die Gefahr möglicher "Kollateralschäden" aufgrund der Sanktionen?
Wäre eine stärkere Rolle der BRD oder der EU als vermittelnde Instanz im festgefahrenen Konflikt auf der Koreanischen Halbinsel wünschenswert? Wenn ja, was könnte hier konkret getan werden?
Sollte ich einen Ihrer Meinung nach wichtigen Aspekt der deutschen Außenpolitik gegenüber Nordkorea ausgelassen haben, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie auch hierzu kurz Stellung beziehen könnten.
Ich werde diese Fragen gleichzeitig auch den außenpolitischen Sprechern der anderen Bundestagsfraktionen stellen, um mir ein Bild von den unterschiedlichen Positionen und Standpunkten zu machen.
Vielen Dank für Ihre Antwort,
Tobias Dondelinger
Sehr geehrter Herr Dondelinger,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Die Schwierigkeit bei Nordkorea liegt in zwei Aspekten: Zum Einen ist es eines der abgeschottensten Länder der Welt, internationaler Austausch, sei es politisch, wirtschaftlich oder kulturell, findet nur extrem eingeschränkt statt. Das bedeutet, auch Sanktionen, die ja immer eine Beschränkung solcher Beziehungen bedeuten, wirken hier kaum.
Zum anderen ist das nordkoreanische Regime ausschließlich am eigenen Machterhalt interessiert, die bedrückenden Lebensumstände der Bevölkerungsmehrheit spielen keine Rolle. Beides kommt auch in den offiziellen zwei Prinzipien der nordkoreanischen Außenpolitik zum Ausdruck: Autarkie (‚Juche’) und die ‚Militär zuerst’-Politik (‚Songun’).
Beides zusammen führt dazu, dass die internationale Gemeinschaft faktisch keinen Hebel in der Hand hat, um auf die nordkoreanische Führung effektiv einzuwirken. Das Land, das noch den meisten Einfluss hat, ist China. Hier stellt sich aber auch die Frage, wie groß dieser Einfluss im Ernstfall wirklich ist. Außerdem hat China durchaus Interesse an der Stabilität Nordkoreas, da es weder ein Chaos an seiner Ostgrenze haben möchte noch einen eventuell verstärkten US-amerikanischen Einfluss.
Die deutsche Bundesregierung bemüht sich weiterhin, im Rahmen von EU und VN auf eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zum nordkoreanischen Atomprogramm hinzuwirken, die seit 2009 auf Eis liegen. Ein schneller Durchbruch ist hier aber kaum zu erwarten.
Deutschland leistet in Nordkorea zwar keine offizielle Entwicklungshilfe, aber im Rahmen der EU sind etwa die Welthungerhilfe oder das Deutsche Rote Kreuz mit humanitären Projekten dort aktiv. Außerdem wird versucht, durch kulturelle Projekte oder Akademikeraustausch einen Beitrag zur Öffnung des Landes zu leisten. Auch hier darf man jedoch nicht von schnellen Erfolgen ausgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Stinner MdB