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Frage von Stefan L. •

Frage an Rainer Stinner von Stefan L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Stinner,

die UNO-Vollversammlung hat ohne Gegenstimmen sowie mit Zustimmung Deutschlands am 29.07.2010 die Resolution 64/292 angenommen. Darin erkennt sie das Recht auf einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als ein Menschenrecht“ an und fordert die Staaten und internationalen Organisationen auf, weltweit die „Bereitstellung von einwandfreiem, sauberem, zugänglichem und erschwinglichem Trinkwasser und zur Sanitärversorgung für alle zu verstärken. Am 28.02.2013 wurde im Bundestag über den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe KOM(2011) 897 endg.; Ratsdok. 18960/11 abgestimmt. Ihre gesamte Fraktion stimmte hierbei mit "Nein". Unter anderem Sie haben mit "Nein" gestimmt. Ich erinnere Sie daran, dass in Ihrem Wahlkreis München-Ost viele Menschen leben, die "arm" oder "von Armut bedroht" sind (auch das weigert sich Ihre Partei ja aktuell, anzuerkennen). Die Erfahrungen zeigen, dass eine Privatisierung vormals öffentlicher Güter, wie bei Strom und Transport bereits geschehen, eben nicht zu einer Regulierung der Preise auf ein sozial verträgliches Niveau, sondern zu einer Erhöhung der Preise ohne Maß zugunsten der Gewinnschöpfung der Unternehmen. Wie erklären Sie diesen Menschen, dass Sie dafür stimmen, Unternehmen die Möglichkeit zu geben, auch vor dem Hintergrund der bereits abzusehenden Verknappung der Wasserreserven, hier einen "Markt" aufzumachen, wo es keinen geben sollte? Ich zitiere John Maynard Keynes: "Capitalism is the astounding belief, that the most wickedest of men will do the most wickedest of things for the greatest good of everyone."
Mit freundlichen Grüßen
Lochner

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Antwort von
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Antwortentwurf:

Sehr geehrter Herr Lochner,

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Ihre These, Privatisierung würde generell zu höheren Preisen und schlechterer Versorgung führen, lehne ich eindeutig ab. Das beste Beispiel dagegen ist die Telekommunikation. Hier haben sich Preise durch die Privatisierung um über 90% verringert.
Außerdem gibt es in Deutschland bereits eine Reihe von Kommunen, die ihre Wasserversorgung ganz oder teilweise privatisiert haben. Und es gibt überhaupt keine Belege dafür, dass in diesen Kommunen die Wasserversorgung grundsätzlich schlechter oder teurer ist, als in denen, wo diese Aufgabe von öffentlicher Hand durch geführt wird.
Zum anderen soll durch die EU-Richtlinie keine Kommune in irgendeiner Weise gezwungen werden, ihre Wasserversorgung zu privatisieren, wenn sie das nicht will. Es geht nur darum, wenn eine Kommune sich für die Privatisierung entscheidet, dass dies dann nach bestimmten fairen Spielregeln erfolgt, so wie das auch bei anderen öffentlichen Ausschreibungen geltende Rechtslage ist.
Außerdem wird durch diese Richtlinie keine völlig neue Rechtslage geschaffen. Es gibt zu diesem Thema bereits Urteile des Europäischen Gerichtshofs, deren Tenor in dieser Richtlinie zusammengefasst wird, um für alle Beteiligten eine klare und nachvollziehbare Rechtsgrundlage zu geben, die sich Kommunen und Unternehmen bisher aus verschiedenen Einzelurteilen zusammensuchen müssen.

An dem grundsätzlichen Recht, eines jeden Menschen auf den Zugang zu sauberem Trinkwasser, ändert sich durch diese Richtlinie überhaupt gar nichts. In Europa hat ja auch jeder Mensch das Recht auf eine ausreichende Nahrungsmittelversorgung. Und dieses Recht gewährleisten wir durch Sozialleistungen, nicht etwa dadurch, dass wir Lebensmittelläden und Bäckereien verstaatlichen.
So sehe ich das auch bei der Trinkwasserversorgung: Kommunen sollen entscheiden können, ob sie Trinkwasserversorgung öffentlich oder privat betreiben. Wenn sie privatisieren wollen, müssen sie sich an Ausschreibungsregeln halten, damit es nicht zu Vetternwirtschaft und Korruption kommt. Um nichts anderes geht es bei dieser Richtlinie.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Stinner