Frage an Rainer Stinner von helmut r. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Stinner,
die Organisation foodwatch plädiert für die Einführung der "Ampel" für Lebensmittel-Kennzeichnung. Dieses hat sich in England bewährt. Es würde mich freuen, wenn auch Sie zustimmen würden.
Ihre Stellungnahme interessiert in jedem Falle. Danke im voraus.
Freundliche Grüße
Helmut Rohmann
Sehr geehrter Herr Rohmann,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich lehne die Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln eindeutig ab, weil dieses System den Verbraucher eher verwirrt als aufklärt. Deshalb teile ich auch nicht Ihre Bewertung, dass System habe sich in England bewährt, im Gegenteil:
In Großbritannien wurde die Ampelkennzeichnung ausprobiert – bei verschiedenen Herstellern und Lebensmittelketten. Die Kette "Tesco" hat die Ampel im April 2004 getestet (www.tesco.uk.com). Eines der Ergebnisse dort war, dass die Verbraucher die Farbe rot gleich einem Verbot setzten. Verwirrung gab es aber auch bei anderen Produkten: und zwar in den Fällen, in denen gleichzeitig ein grüner, gelber und ein roter Punkt drauf ist. Beispielsweise bei aktuellen Knabberprodukten. Fett bekommt da vielfach rot, was auch jeder weiß, der eine Tüte Chips isst. Zucker hingegen ist da aber nicht drin: dafür gibt´s einen grünen Punkt. Und für Salz einen gelben Punkt. Das ist dann leider nicht das, was die Ampel-Befürworter eine klare und verbrauchernahe Kennzeichnung nennen. Setzen wir die Analogie bei der Nährwertampel zu einer Ampel aus dem Straßenverkehr spielerich fort, dann wird klar: in keinem Land der Erde gibt es eine Ampel, die gleichzeitig grün, gelb und rot angezeigt hat (außer sie ist defekt). Bei der Ernährung und ähnlich im Straßenverkehr führt aber genau das zum Chaos - genauer zum Verzehrschaos. Auch aus diesem Grund hat diese Lebensmittelkette nach der Probephase die Ampelkennzeichnung nicht fortgeführt, sondern setzt nun auf Nährwertangaben für den Tagesverbrauch.
Aber auch mit einem anderen System wäre die Bewertung einzelner Lebensmittel kritisch: Es kommt doch auf die ausgewogene Ernährung insgesamt an. Und als letztes: nach Aussage einer ganzen Reihe von Medizinern ist das Problem Übergewicht nicht in erster Linie durch falsche Ernährung entstanden, sondern durch zu wenig Bewegung. Und daran eine noch so gute Lebensmittelkennzeichnung nichts.
Mit besten Grüßen
Rainer Stinner