Frage an Rainer Stinner von Andreas K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Stinner,
da ich Soldat bin und zur Zeit viele Truppenübungsplatzaufenthalte habe kann ich die Nachrichten leider nicht immer verfolgen. Mich würde interrisieren ob Herr Kurnaz nun Deutscher oder Türke ist ( er wurde letztens währent einer ZDF Sendung mal als Bremer und mal als türkischer Staatbürger bezeichnet). Falls Herr Kurnaz türkischer Staatsbürger ist würde ich Sie bitten mir zu erläutern weshalb es die Aufgabe unserer Regierung gewesen sein sollte Ihn aus Guantanamo zu befreien (unabhängig davon, wie man zu diesem "Gefängnis" steht.
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Klein,
Herzlichen Dank für Ihre Frage. Herr Kurnaz ist in Deutschland geboren und in Bremen aufgewachsen. Er ist türkischer Staatsbürger, hat aber eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland. Während seiner Haft in Guantanamo ist ihm diese Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aberkannt worden. Und zwar mit bürokratischen Tricks, die anschließend von einem deutschen Gericht als nicht rechtmäßig zurückgewiesen wurden. Es wurde nämlich im deutschen Ausländerrecht ein Passus missbraucht, nach dem ein Ausländer sein Aufenthaltsrecht verlieren kann, wenn er länger als sechs Monate nicht in Deutschland ist. Dass dies bei Herrn Kurnaz auf Grund einer menschenrechtswidrigen Haft der Fall war, hat nach bisherigen Kenntnissen die zuständigen Behörden nicht interessiert. Die Bundesregierung verhängte im Gegenteil eine für die gesamte EU gültige Einreisesperre. 2004 entschied dann ein deutsches Gericht, dass die Aberkennung der Aufenthaltserlaubnis rechtswidrig war. Während dessen hat die deutsche Bundesregierung aber, nach bisherigen Erkenntnissen, den amerikanischen Stellen deutlich signalisiert, dass sie Kurnaz nicht nach Deutschland aufnehmen wolle.
Es geht also nicht nur darum, dass die Bundesregierung sich zu wenig um Kurnaz bemüht hat, sie hat offenbar aktiv dagegen gearbeitet, dass er frei kommt. Das ist für mich auch mit Sicherheitsbedenken nicht zu erklären: Wenn Kurnaz ein Sicherheitsrisiko war - zu dieser Ansicht konnte man ja durchaus kommen - dann hätte es in Deutschland rechtstaatliche Mittel gegeben, damit umzugehen.
Das Verhalten der damaligen Regierung steht eben auch entgegen allen offiziellen Äußerungen, sowohl dass man sich um die Freilassung Kurnazs bemühe, als auch die Anklagen gegenüber Guantanamo. Menschenrechte sind nunmal nicht teilbar und sie gelten auch für einen türkischen Staatsbürger, der einen langen Bart trägt.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Stinner