Frage an Rainer Stinner von Ulrich B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Dr. Rainer Stinner
als Liberalem und vielbeschäftigten Unternehmensberater dürfte es Ihnen nicht schwerfallen, meiner Frage eine positive Antwort zu geben.
Was halten Sie von meinem Vorschlag,den Abgordneten im deutschen Bundestag wie vielen anderen Berufstätigen einen ganz normalen Anstellungsvertrag zu geben, in dem genau geklärt ist, was Abgeordnete dürfen und was nicht und sie dann ev. auch sanktioniert werden können, befristet jeweils auf die Dauer einer Wahlperiode?
Freue mich auf Ihre Antwort.
Ulrich Balkenhol
Sehr geehrter Herr Balkenhol,
gerade als Liberaler und Unternehmensberater muss ich Ihren Vorschlag klar und eindeutig ablehnen.
Auch wenn das vielfach nicht verstanden wird: ein Abgeordneter ist eben kein Arbeitnehmer, der Weisungen eines Arbeitgebers unterliegt. Wie sollte denn in meinem Fall ein Arbeitsvertrag aussehen? Ich bin der Außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion. Soll in dem Vertrag drin stehen, ich muss in einer Wahlperiode dreimal in die USA, vier Mal nach Russland und sechs Mal nach Brüssel fahren? Soll mir vorgeschrieben werden, mit wie vielen Botschaftern ich wie oft sprechen muss? Soll ich verpflichtet werden, neun Anträge im Bundestag zu stellen, 20 Radio- und 10 TV-Interviews zu geben?
Wir haben pro Jahr 21 Sitzungswochen in Berlin. In diesen Wochen wird Anwesenheit in Berlin erwartet, jeder Tag der unentschuldigten Nicht-Anwesenheit kostet uns 100 Euro, die abgezogen werden.
Wer kann/soll mir vorschreiben, wie ich die restliche Zeit verbringe? Soll ich in München sein, oder als Außenpolitiker im Ausland? Soll ich lieber einen Vortrag über Außenpolitik in Nürnberg halten oder zur Jahresfeier der Feuerwehr in meinem Wahlkreis gehen?
Wie wollen Sie die Leistung messen? Quantitativ? Oder an Einfluss? Wie wollen Sie messen, welchen Einfluss ich auf die Außenpolitik der Bundesregierung habe? Ich habe heute eine Rede zum Thema Europa im Bundestag gehalten. Die Bundeskanzlerin hat gespannt zugehört und nachher gesagt, die Rede habe ihr gefallen. Was macht sie mit meinen geäußerten Ideen? Wie wollen Sie das messen?
Während es für einen Vertriebsmitarbeiter für eine Reifenfirma klar ist, dass ein Besuch in einem Altenheim nicht zu seinen dienstlichen Obliegenheiten gehört, kann das bei mir durchaus dazu gehören.
Aus all diesen Gründen halte ich Ihren Vorschlag nicht für praktikabel. Es wäre viel besser, die Bürger würden direkt ihre Abgeordneten befragen, was sie tun und sich dann ein Urteil bilden. Ich informiere z.B. mit einem "Bericht aus Berlin" ca. alle sechs Wochen ca. 4.000 Bürger. Über facebook informiere ich fast täglich über 2.500 "Freunde". Ich gebe Interviews, halte viele Reden im Wahlkreis und in ganz Deutschland. Die Bürger haben also die Möglichkeit, zu prüfen, ob ich zu ihrer Zufriedenheit meine Aufgabe wahr nehme.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Stinner