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Frage von Ralf O. •

Frage an Rainer Stinner von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Lieber Dr. Stinner,

es wird nun oft ein Marshallplan für Griechenland gefordert, aber nicht konkret gesagt, wie dieser aussehen soll. Meiner Ansicht nach hat Wolfgang Schäuble hier den ersten vernünftigen Vorschlag gebracht: Griechenland in einen riesigen Solarpark für Europa umzuwandeln--das hätte den Vorteil, dass Griechenland mittel- und langfristig ein sichere Einnahmequelle hätte mittels derer es seine Schulden begleichen kann und Europa Strom. Warum dehnt man diese Idee nicht auch auf die sonnenreichen, mediteranen PIGS-Länder Spanien, Portugal und Italien aus? Die bisherigen Abermilliarden der EU, die in diese Länder flossen, womit Häfen, Flughäfen, Eisenbahntrassen und Straßen/Autobahnen finanziert wurden (in der Hoffnung einer neuen Infrastruktur würden neue industrielle Kerne folgen) haben ja keine neuen Indutsrien geschaffen, ja diese Länder blieben vor allem nur auf Landwirtschaft, Tourismus und Immobilienblasen fokusiert. So aber hätte man einen konkreten Nutzen. Mit den produzierten Solarstrommengen würden sich dann auch die Frage lösen, wie etwa ein atomkraftabhängiges Land wie Frankreich (80% des Stroms aus Atomkraft) seine Energielücke schließen könnte. Es gilt nun die Energiewende zu europäisieren und Europa auch mittels der Energiewende wieder eine Vision zu geben. Unterstützt die FDP diesen Vorschlag oder will sie immer noch als Verzögerer der Energiewende und Atomlobbyist tätig sein?

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Ostner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ostner,

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Es ist absolut richtig, dass Griechenland sich neue Möglichkeiten der Wirtschaftsentwicklung erschließen muss. Nur wenn das Land in Zukunft mehr produziert und im Ausland verkaufen kann, wird es seine Schuldenkrise überwinden. Ausschließlich durch Sparen wird das nicht zu machen sein. Der von Ihnen genannte Sektor Erneuerbare Energien bietet dafür sicherlich gute Chancen.

Nun stellt sich aber doch die Frage, wenn etwa die Investition in Solarenergie so klare Vorteile hat, warum ist in der Vergangenheit so wenig geschehen? Warum konnte Griechenland wesentlich weniger ausländische Investoren anlocken, als etwa Polen oder Ungarn?
Die Gründe dafür sind: zu viel und gleichzeitig zu schlecht funktionierende Bürokratie, zu viel Staatswirtschaft, zu wenig Wettbewerb. Ein Unternehmensgründer in Griechenland muss deutlich mehr bürokratische Schritte hinter sich bringen als im europäischen Durchschnitt, weite Teile der Wirtschaft sind durch Regeln und Kartelle einbetoniert. Deshalb haben auch die riesigen Mittel, die in früheren Jahren als Strukturhilfen nach Griechenland geflossen sind, nur so wenig Fortschritt gebracht.

Das heißt nun für die Zukunft: weitere Investitionshilfen sind nur dann sinnvoll, wenn Griechenland die Voraussetzungen dafür schafft, dass diese Hilfen auch zu einem Wirtschaftsaufschwung führen können. Und dafür muss sich die Regierung mit den großen Interessengruppen, den Gewerkschaften, eben den gesamten Profiteuren des bisherigen Systems anlegen. Das wird nicht einfach werden, aber es ist unumgänglich. Und wenn es hier erste Fortschritte gibt, dann werden auch Privatunternehmen zu dem Schluss kommen, dass es sich lohnt, in Griechenland zu investieren, und sie werden es tun.

Zu Ihrer letzten Frage: Gerade wenn wir wollen, dass die deutsche Energiewende von anderen Ländern als Vorbild angesehen und kopiert wird, müssen wir alles dafür tun, diese Energiewende in Deutschland wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten. Denn durch eine überstürzte und zu schlecht vorbereitete Energiewende laufen wir Gefahr, alle anderen Länder von einem derartigen Versuch dauerhaft abzuschrecken. Das hat nichts mit Atom-Lobbyismus zu tun, sondern mit verantwortbarer Politik.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rainer Stinner MdB