Frage an Rainer Stinner von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Stiller,
1) in der Frage der Weltwährungen scheint einige Dynamik hineinzukommen.Während Obama und Merkel von China fordert, den Renminbi aufzuwerten, haben sich China und Frankreich zusammengetan, um den Dollar als weltweite Reservewährung durch eine Korbwährung, die vom IWF aufgrund von Quoten ausgegeben werden soll ,zu ersetzen.China hat nun erstmals Schuldanleihen des IWFs gekauft,mittels IWF-Reform die Stimmrechte der sich entwickelnden Staaten (zu Lasten der Europäer und nicht der USA) erhöht und Frankreich liebäugelt den IWF zur Weltzentralbank umzubauen.Wie steht die Merkel/Westerwelle-Regierung zu diesen Plänen?Inwieweit sehen sie diese als realistisch und sehen sie den Dollar nicht mehr als internationale Leitwährung an? Wie sähe diese neue Leitwährung dann aus( schwacher Dollar, schwacher Euro, Rest Yuan und Yen)?
2) Nach der Hetze des Massenblatts BILDzeitung gegen den Euro, hat nun die FAZ--in linken Kreisen als Zentralorgan des deutschen Großkapitals verschrien- vermehrt Artikel, die gegen Merkels/Westerwelles Euro Stimmung machen. Zum einen ein Olaf-Henkel (Ex-BDI-chef)- Interview, das die Zweiteilung der Eurozone fordert, dann Prof. Werner Plumpe, der eine Auflösung des Euros nicht als wichtig oder gar katastrophal einschätzt und nun zuletzt ein Interview mit Ex-Thyssenchef Spethmann, in dem dieser die Rückkehr zur DM und dann mittels Neuverhandlungen mit Frankreich eine Zweiteilung der Eurozone in einen Nord- und Südeuro ala Henkel fordert.Er sieht auch schon einen neuen Ludwig Erhardt--ich tippe auf Guttenberg--der dies vollbringen könnte und er glaubt, daß aus der Mitte des Bundestags die hierfür nötigen Stimmen sich artikulieren werden. Wie sehen sie das?
Rückkehr zur DM, Nord-und Südeuro oder Euro?
3) Wie stehen sie als FDP und die CDU/CSU zu den von der SPD und den Grünen geforderten Eurobonds? Wo sind die Vor-und Nachteile?
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Ostner
Sehr geehrter Herr Ostner,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Zu 1.: Sie bringen hier einige sehr unterschiedliche Dinge zusammen. Es gibt keine politische Festlegung für eine Leitwährung. Diejenige Währung, die in internationalen Transaktionen faktisch am häufigsten verwendet wird, wird als Leitwährung bezeichnet. Das ist derzeit eindeutig der Dollar. Es war aber schon bei der Einführung des Euro immer wieder davon gesprochen worden, dass der Euro, eben auf Grund der Bedeutung seines Wirtschaftsraum in den Rang einer zweiten Leitwährung aufsteigen kann. Ähnliches gilt für den chinesischen Renminbi, dessen Bedeutung steigt, weil die Bedeutung der chinesischen Wirtschaft gewachsen ist. allerdings fehlen dem Renminbi auf absehbare Zeit noch ganz wesentliche Voraussetzungen für eine Reservewährung, z.B. die freie Konvertierbarkeit.
Etwas völlig anderes ist die Korbwährung des IWF. Das ist eine Rechnungseinheit in der der IWF seine Sonderziehungsrechte abwickelt. Es gibt auch einzelne Branchen, in denen Unternehmen ihre Geschäfte über diesen Währungskorb abrechnen, weil dann Wechselkursschwankungen weniger stark durchschlagen. Wie sich das Verhältnis der großen Währungen in den nächsten Jahren entwickelt, ist eine hochspannende Frage. Ich stehe den Befürchtungen eines angeblichen Währungskrieges eher skeptisch gegenüber, denn letztendlich sind alle relevanten Währungsräume an einem stabilen funktionierenden System interessiert. Ein Kollaps würde allen schaden und keinen Gewinner haben.
Zu 2. Ich halte weder eine Teilung des Euro-Raumes noch eine Rückkehr zur D-Mark für denkbar. Abgesehen von dem unermesslichen politischen Schaden halte ich es auch ökonomisch nicht für machbar, auch weil z.B. dann die Staaten des "Süd-Euros" ihre Schulden in "Nord-Euros" zurückzahlen müssten. Wenn an den Finanzmärkten ernsthafte Zweifel am Fortbestehen des Euro aufkämen, wären die entstehenden Verwerfungen gerade für die Deutsche Wirtschaft von riesigem Nachteil. Wir müssen aber die Diskussion darüber, mit welchen Maßnahmen genau der Euro zu retten sein wird, offen führen können. Ich halte nichts davon, wenn unterschiedliche Meinungen dazu sofort zum Vorwurf der Europafeindlichkeit führen. Das hilft keinem.
Zu 3. Für mich ist es entscheidend, dass der Zusammenhang gewahrt wird, zwischen der Entscheidung über die Aufnahme eines Kredites und die Haftung dafür. Es kann nicht sein, dass ein Land nicht mehr für die Kredite, die es aufnimmt selber haftet. Das würde dem Schuldenmachen Tür und Tor öffnen und den Euro wirklich zerstören. Deshalb lehne ich alle bisher vorliegenden Vorschläge dazu ab.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Stinner MdB