Portrait von Rainer Fornahl
Rainer Fornahl
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Rainer Fornahl zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Juergen P. •

Frage an Rainer Fornahl von Juergen P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Her Fornahl,
in Leipzig ist das BMW Montagewerk - berichtet wurde in WISO/Frontal 21 über die "extrem" hohe Belohnung der eingesetzten Leihkräfte 830 - 950Euro monatlich.
Also gerade mal über Sozialhilfe für einen Fulltimejob!
Inwiefern könenn Sie als SPD Mitglied solche HUNGERLÖHNE oder besser SKLAVENHALTUNG (dieser Begriff ist in zig Foren immer wieder verwendet worden) akzeptieren und was unternehmen Sie dagegen?
Wenn dort Streichhölzer hergestellt würden könnte man die Entlohnung noch verstehen, aber nicht bei einem Produkt das solch horrende Preise hat.

Ich selbst bin kein BMW Fahrer denn ich konnte mich mit diesen Preisen nie anfreunden - da steht man da und denkt beim Händler man ist auch Sozialhilfeempfänger bei den Preisen.

Nach diesen Informationen verbietet es sich von selbst so etwas zu kaufen - wie auch die rechtliche Lage sein mag - Das ist unanständig und gehört sich nicht!

Das diese Frage nicht schon lange hierdrin steht wundert mich sehr.....!

Gruss J.Pichl

Portrait von Rainer Fornahl
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pichl,

vielen Dank für Ihr Interesse.

Ich habe mich mit Ihrem Anliegen direkt an das BMW-Werk gewandt, um von den Verantwortlichen eine Antwort zu erhalten. Dies ist nun in einem persönlichen Gespräch geschehen. BMW in Leipzig hat etwa 2500 Mitarbeiter. Etwa ein Drittel davon ist über Zeitarbeitsfirmen angestellt. Noch einmal so viele Arbeitsplätze gibt es im Zulieferbereich, wobei ich hier keine Angabe über den Anteil der Zeitarbeitsverhältnisse habe.

Der Konzern greift auf Zeitarbeitsverhältnisse zurück, um flexibler auf die Situation in Produktion und Vertrieb zu reagieren. So werden z.B. in der ersten Jahreshälfte 70% der jährlichen Produktion ausgeliefert, im zweiten Halbjahr entsprechend nur 30%. Damit lassen sich Produktionsspitzen erklären, in denen mehr Mitarbeiter als sonst benötigt werden. Die Stammbelegschaft würde in dieser Zeit nicht ausreichen. Dauerhaft mehr einzustellen hätte höhere Produktionskosten zu Folge, die sich wiederum kaum rechnen würden (und die Preise weiter ansteigen lassen, den Absatz verringern, womit noch weniger Arbeitnehmer gebraucht würden).

BMW zahlt seinen Mitarbeitern den Tariflohn der IG Metall. Auch mit den Zeitarbeitsfirmen gibt es Verträge. Die Löhne sind durchaus vergleichbar. Der Durchschnittslohn eines über eine Zeitarbeitsfirma angestellten Facharbeiters im Montagebereich bewegt sich bei etwa 10 €. Er erhält also mindestens 1600€ brutto ohne Zuschläge, die aber oft durch die Zeitarbeitsfirmen für Anfahrtszeiten u.ä. noch gewährt werden.

„Hungerlöhne und Sklavenhaltung“ sind hier aber nun wirklich keine angebrachten Beschreibungen. Die Verwendung solcher Begriffe im Zusammenhang mit dem BMW-Werk Leipzig ist unanständig und zynisch. Welchen Lohn ein Arbeiter erhält, ist abhängig vom Tarifvertrag der Zeitarbeitsfirmen. Über die Tarifverträge entscheiden die Tarifpartner; BMW hat darauf keinen Einfluss.

BMW handelt also in einem sauberen tarifvertraglichen Rahmen. Nur mit der so möglichen Flexibilität im Personal- und Zeitmanagement ist das BMW-Werk in Leipzig auf Dauer wirtschaftlich zu betreiben. Dies ist auch den beteiligten Gewerkschaften sehr einleuchtend gewesen. Ansonsten wäre die Vereinbarung mit BMW nicht zustande gekommen.

Über das konkrete Problem BMW hinausgehend ist grundsätzlich festzuhalten: Die Gestaltung der Tarife oder auch der Möglichkeiten der Zeitarbeit insgesamt liegt in der Verantwortung der Zeitarbeitsfirmen und der Gewerkschaften. Natürlich steckt man hier in einem Dilemma: Einerseits können Menschen einen Arbeitsvertrag erhalten und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Andererseits arbeiten sie meist zu einem geringeren Lohn als bei einem regulären Arbeitsverhältnis. Hier müssen Regelungen gefunden werden, die die Interessen sowohl der Wirtschaft als auch der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften berücksichtigen. Ein guter Ansatz wäre die Aufnahme der Zeitarbeit in das Entsendegesetz, wie Bundesarbeitminister Franz Müntefering vorgeschlagen hat. Damit würden auch Zeitarbeiter einen Mindestlohn erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Fornahl, MdB