Frage an Rainer Fornahl von Jörg H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Fornahl,
ich danke Ihnen, dass sie gestern mit ihrem Abstimmungsverhalten ein Zeichen gegen Kinderpornographie gesetzt haben. Und gleichzeitig offensichtlich der Meinung sind, dass die Einschränkung von Kinderpornographie es wert ist, eine Zensurinfrastruktur unter Leitung einer Polizeibehörde aufzubauen. Nicht wenige Menschen sind der Meinung, dass das ein drastischer Eingriff in die Gewaltenteilung ist und in das Recht auf Meinungsäußerung, immerhin zwei Grundpfeiler unserer Demokratie.
Nun ist das Kind zwar in den Brunnen gefallen, aber ich wüsste gerne, ob es nachvollziehbare Gründe für ihr Abstimmungsverhalten gibt? Natürlich ist Kinderpornographie schrecklich, aber ein Gesetz, welches nachweislich nichts dagegen hilft und Zensur einführt, ist für mich und viele andere schwer nachvollziehbar.
Sehr geehrter Herr Hartmann,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Gerne erläutere ich Ihnen meine Haltung zu Ihren Anmerkungen. Wir haben in den Verhandlungen die Bedenken gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf, wie sie viele Bürgerinnen und Bürger und auch Experten geäußert haben, aufgenommen und bedacht. Die SPD-Bundestagsfraktion konnte sich mit ihren Forderungen durchsetzen, die auch diesen Bedenken Rechnung getragen haben.
Zunächst: Ich denke, dass wir mit den nun beschlossenen spezialgesetzlichen Regelungen einerseits dem Anspruch gerecht geworden sind, die Verbreitung von Kinderpornographie zu bekämpfen. Sicher ist dies nur ein Baustein für den Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt, der durch viele andere ergänzt wird und ergänzt werden muss. Andererseits sind wir auch dem Anspruch gerecht geworden, Datenschutz und Informationsfreiheit von Bürgerinnen und Bürgern zu sichern, z. B. dadurch, dass Verkehrs- und Nutzungsdaten, die bei der Umleitung auf eine Stopp-Seite anfallen, nicht für eine strafrechtliche Verfolgung benutzt werden dürfen.
In Ihrer Anfrage äußern Sie sich, dass dieses Gesetz Zensur einführen würde. Dies ist meines Erachtens so nicht richtig. Zensur hieße, Inhalte zu beeinflussen oder zu verändern. Durch eine Sperrung von Kinderpornographie-Seiten wird jedoch nur eine Veröffentlichung ausgeschlossen, die strafbar ist. Das strafrechtliche Verbot der Verbreitung von Kinderpornographie dient dazu, Kinder vor Missbrauch zu schützen. Kinderpornographische Inhalte zu verbreiten ist keine Meinungsäußerung, sondern eine Straftat.
Mit der Regelung in einem Spezialgesetz haben wir rechtlich eindeutig geklärt, dass die Zulässigkeit von Sperrungen ausschließlich für kinderpornographische Inhalte gilt. Die Sperrliste, die das BKA erstellt, wird regelmäßig durch ein unabhängiges Gremium, das der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit bestellt, kontrolliert. Zudem gilt der Grundsatz „Löschen vor Sperren“ und es steht die Möglichkeit offen, gegen die Sperrung den Verwaltungsrechtsweg zu gehen.
Das Gesetz ist bis zum 31.12.2012 befristet. Eine ausführliche Evaluierung soll zeigen, welche Auswirkungen es hat. Der Gesetzgeber wird dann entscheiden, wie weiter zu verfahren ist.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit meine Gründe dafür darlegen, warum ich für dieses Gesetz gestimmt habe.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Fornahl, MdB