Frage an Rainer Erdel von Klaus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Lieber, werter, hoch verehrter Herr Erdel,
ich darf Sie zunächst daran erinnern, dass meine Fragen vom 02.04.2012 immer noch unbeantwortet sind.
Ihnen ist der unerträgliche Lärmterror der U.S. Besatzungsstreitkräfte, deren Arroganz und Ignoranz seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten bekannt. Nun wurde am 21.02.2013 in der „Fränkischen Landeszeitung" angekündigt, dass in Bezug auf den Fluglärmterror ein „ungewöhnlich intensiver Sommer" bevorstehe.
Dazu folgende Fragen:
1) Haben Sie die letzten 12 Monaten genutzt und auch nur das geringste unternommen, damit dieser Irrsinn endlich gestoppt wird?
2) Der Sommer steht vor der Türe, die Menschen wollen sich in Gärten, auf Balkon und Terrasse aufhalten. Wie soll das möglich sein angesichts des angekündigten „ungewöhnlich intensiven" Lärmterrors?
3) Wie lange soll die Untätigkeit der deutschen Politik und Ihre eigene noch anhalten, wie lange sollen sich die Menschen in Westmittelfranken noch krank machen und jeglicher Lebensqualität berauben lassen?
4) Sind Sie der Ansicht, dass man wissenschaftlichen Studien, deren Ergebnis die gesundheitsschädliche Wirkung von Fluglärm, insbesondere nächtlichen, Glauben schenken darf?
5) Für den Flughafen Frankfurt/Main gilt ab 22 Uhr ein Nachtflugverbot. Sind die Menschen in Westmittelfranken Menschen dritter Klasse, Versuchskaninchen, dass sie bis 2 Uhr morgens terrorisiert werden dürfen?
6) Aus welchen Gründen (aus Ihrer Sicht) sollten die Opfer des Lärmterrors Sie bei der kommenden Bundestagswahl wählen?
Thema Fußballeuropameisterschaft 2012 in der Ukraine:
Bekanntermaßen weigerten sich praktisch alle Bundespolitiker bis zur Bundeskanzlerin und zum Bundespräsident in die Ukraine zu reisen, wegen der dortigen Menschenrechtsverletzungen.
Frage: Hielten Sie das für gerechtfertigt und angemessen?
Sehr geehrter Herr Schmidt,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie Sie wissen, bin ich bereits seit einiger Zeit im ständigen Kontakt mit dem Kommandeur der US-Streitkräfte in Katterbach sowie dem Bundesministerium der Verteidigung und dem zuständigen Staatssekretär Christian Schmidt. Die Bemühungen der Bürgerinnen und Bürger, die Aktivitäten der Hubschraubereinheit und die damit verbundene Lärmbelastung auf ein operationell unvermeidbares Maß zu beschränken, finden meine vollste Unterstützung.
In den letzten Jahren konnten im Rahmen dieser Konsens-Lösungen gute Gespräche geführt und Veränderungen angestoßen werden. Beispielsweise werden durch veränderte Korridore und Höhenprofile Sichtflugfahrten über Ortschaften vermieden. Testweise wurde die An- und Abflugroute verändert, um die Bevölkerung zu entlasten und eine einseitige Nutzung von Platzrunden zulasten einer Gemeinde soll in Zukunft vermieden werden. Des Weiteren werden die Hubschraubertieffluggebiete um Roth und Niederstetten zusätzlich genutzt, um den Fluglärm weniger zu konzentrieren und weiträumiger zu verteilen. Ich konnte erreichen, dass reguläre Übungsflüge als auch Instrumentenanflüge auf die Truppenübungsplätze Hohenfels und Grafenwöhr sowie spezielle Ausbildungsprogramme ins Ausland verlagert worden sind.
Auch für den allgemeinen Flugbetrieb gibt es neue Regelungen: In der Mittagszeit von 12 bis 13 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen soll ein grundsätzliches Flugverbot gelten, an Samstagen soll der Flugbetrieb auf den Zeitraum von 8 bis 13 Uhr begrenzt sein. Zusätzlich werden lokale Feierlichkeiten und Ereignisse nun stärker berücksichtigt. In den vergangenen Sommermonaten fand auch kein Flugbetrieb nach Mitternacht statt.
Auch die von Ihnen angesprochene, frühzeitige Ankündigung des Kommandeurs Jay Voorhees über die Rückkehr der US-Truppen werte und begrüße ich als ein Zeichen der guten Kommunikation.
Bezugnehmend auf Ihre weiteren Fragen muss ich nochmals darauf hinweisen, dass die in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte grundsätzlich denselben Regeln wie die Bundeswehr unterliegen, wobei nach Maßgabe des NATO-Truppenstatus aber keine Möglichkeit besteht, Verstöße durch deutsche Behörden zu ahnden. Es besteht lediglich die Möglichkeit, dass sich die Beteiligten im Konsens über bestimmte Verfahren zur Ahndung des Verstoßes gegen geltendes deutsches Recht einigen.
Militärischer Fluglärm wird in Deutschland nicht wie ziviler Fluglärm betrachtet. Der Vergleich mit dem Frankfurter Flughafen, wo übrigens ein Nachtflugverbot von 23 Uhr bis 5 Uhr morgens gilt, ist zwar anzustreben, aber rein rechtlich nicht vergleichbar. Das eine Gleichbehandlung von militärischem oder zivilem Fluglärm auch vor dem medizinischen Hintergrund durchaus sinnvoll wäre, teilt auch die FDP-Bundestagsfraktion.
Dem Boykott von Spielen der Europameisterschaft im Jahr 2012 durch Spitzenpolitiker als sichtbares Zeichen gegen die Menschenrechtsverstöße in der Ukraine stehe ich positiv gegenüber. Diese Aktionen bei Großereignissen besitzen das Potential, medial auf Missstände aufmerksam zu machen. Allerdings sollten solche Entscheidungen immer von den betreffenden Personen getroffen und nicht „angeordnet“ werden. Der Boykott darf nicht zur offiziellen außenpolitischen Position werden.
Gerne bleibe ich weiterhin Ihr Ansprechpartner für Mittelfranken und darüber hinaus.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Rainer Erdel, MdB