Frage an Rainer Erdel von Sylvia Hanah L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie stehen Sie zum Fracking in Bayern/bzw Deutschland ?
wie stehen Sie zur (weltweit-) Forderung nach dem RECHT auf NAHRUNG und WASSER ?
wie stehen Sie zu dem RECHT der Deutschen laut Grundgesetz Art. 20,2 auf uneingeschränkte Bundes-Volksabstimmung ?
Sehr geehrte Frau Linnenkohl,
danke für Ihre Fragen, die ich hiermit beantworte.
Zu Frage 1:
Das sogenannte "Hydraulic Fracturing" ist eine Methode, um unterirdische Gasvorkommen nutzbar zu machen.
Es steht außer Frage, dass ein Fracking in der Form wie es derzeit in den USA stattfindet bei uns nicht vorstellbar oder gewollt ist. Insbesondere hat der Schutz des Grundwassers oberste Priorität. Wasserschutzgebiete beispielsweise müssen von der Förderung ausgenommen werden, bei Genehmigungsverfahren ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Zustimmung der Wasserbehörden obligatorisch. Die Öffentlichkeit muss frühzeitig und umfassend informiert werden, denn Akzeptanz des Hydraulic Fracturing wird es nur geben, wenn Klarheit über die eingesetzten Stoffe besteht. Dabei dürfen von den eingesetzten Stoffen keine toxischen Gefahren ausgehen. Die Erfahrungen beim Umgang mit der Nukleartechnologie und deren Langzeitfolgen müssen dabei berücksichtigt werden.
Die Energiewende kann allerdings nur gelingen, wenn zumindest mittelfristig ausreichend flexible thermische Kraftwerke am Netz bleiben, welche die stark fluktuierende Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien absichern. Um nicht ausschließlich auf Erdgasimporte angewiesen zu sein, muss man zumindest darüber nachdenken, ob und wie man heimische Schiefergasvorkommen nutzen kann. Nach den Berechnungen der BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) beläuft sich die förderbare Menge auf bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter. Da Gaskraftwerke sehr flexibel reagieren können, wird die Nutzung von Erdgas zukünftig eher noch zunehmen. Allein die derzeitige Förderung von Erdöl und Erdgas sichert in Deutschland tausende Arbeitsplätze. Zusätzlich lässt sich aus den hohen umwelt- und sicherheitsbezogenen Standards in der Bundesrepublik eine tendenziell bessere Klimabilanz der hierzulande erschlossenen Reserven gegenüber anderen Regionen der Welt ableiten.
Zu Frage 2:
Das Recht auf Nahrung, inklusive das Recht auf Wasser, ist als Menschenrecht völkerrechtlich in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (sog. UN-Sozialpakt) niedergeschrieben. "Ausreichende Ernährung" muss für alle gleich sein, irrelevant welchem Geschlecht, Alter oder Abstammung man ist. Dieses Recht nach angemessener Ernährung ist verletzt, wenn Nahrung dauerhaft entzogen oder die Ernährungsgrundlagen die Würde des Menschen, welche nach unserem Grundgesetz unantastbar ist, nicht gewährleistet sind.
Armuts- und Hungerbekämpfung gehört zu den primären Zielen liberaler Menschenrechts- und Entwicklungspolitik. Der von der FDP geforderte Abbau von Handelsschranken der Europäischen Union, die Abschaffung von EU-Exportsubventionen für EU-Agrarprodukte und die Förderung des Nord-Süd-Handels kommen besonders den ländlichen Regionen der Entwicklungsländer zugute.
Zu Frage 3:
In Deutschland spielen Volksabstimmungen, auf Bundesebene nur eine untergeordnete Rolle. Das Grundgesetz sieht Volksabstimmungen nur bei der Neugliederung des Bundesgebietes (Art. 29 Abs. 2 GG) und im Fall einer neuen Verfassung (Art. 146 GG) vor. Forderungen nach Einführung plebiszitärer Elemente konnten sich auch im Rahmen der Verfassungsreform von 1994 nicht durchsetzen. Die Begründung für diese Entscheidung lautet, dass die Entscheidungsfähigkeit der Staatsorgane geschwächt werde und die bei Plebisziten notwendige Reduzierung auf eine Ja-Nein-Alternativen nicht geeignet sei, sachgerechte Entscheidungen herbeizuführen, die in der Praxis häufig gerade auf einem Kompromiss beruhen.
Zudem sind viele Themen so komplex, dass Sie in der Praxis allenfalls von einem kleinen Teil der Stimmberechtigten voll durchdrungen würden. Wer hat als berufstätige Privatperson schon Lust und Zeit hunderte Seiten Gesetzestext zu lesen?
Dagegen gibt es in den Verfassungen der Länder Regelungen über die Durchführung obligatorischer oder fakultativer Volksabstimmungen. Diese sind allerdings nur zulässig im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Landes und die Abstimmung muss mit höherrangigem Recht vereinbar sein. In meinem Bundesland Bayern wird vom Instrument des Volksbegehrens immer wieder Gebrauch gemacht.
Grundsätzlich bin ich nicht gegen Volksabstimmungen - beispielsweise wären sie etwa bei der Abgabe von Souveränitätsrechten an die EU durchaus eine Überlegung wert. Allerdings bin ich noch skeptisch, wie dieses Instrument auf Bundesebene in der Praxis aussehen und gehandhabt werden soll. Volksbegehren und -entscheide halte ich dagegen vor allem im direkten Umfeld der Bürgerinnen und Bürger vor Ort für unersetzlich.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Erdel