Frage an Rainder Steenblock von wolf b. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
hallo und guten tag,
was werden sie (nachweislich) unternehmen, um das thema rauchverbot, trotz der einflußnahme der tabakindustrie, auf länderebene und speziell in schleswig-holstein nicht einschlafen zu lassen und im sinne der nichtraucher eine lösung herbeizuführen ?
gruss w.b.
Sehr geehrter Herr Brecht,
die grüne Bundestagsfraktion hat sich bisher als einzige Fraktion des Deutschen Bundestages zum Schutz vor Passivrauchen klar positioniert. Einstimmig wurde am 27.06.2006 ein Eckpunktepapier und ein Antrag verabschiedet. Er beinhaltet für die Bereiche, wo eindeutige gesetzgeberische Kompetenzen auf der Bundesebene existieren, konkrete Ansatzpunkte und fordert die Länder und Kommunen auf, ebenfalls zu handeln.
Der Antrag „Schutz vor Passivrauchen“ fordert die Bundesregierung auf,
• einen wirksamen Schutz vor Passivrauchen in allen Gebäuden, Einrichtungen und Behörden im Zuständigkeitsbereich des Bundes zu verankern,
• die Regelungen der Eisenbahn-Verkehrsordnung und Personenkraftfahrunternehmens-Betriebsverordnung im Sinne des Schutzes vor Passivrauchen enger zu fassen,
• Ausnahmeregelungen für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr in § 5 Abs.2 der Arbeitsstättenverordnung zu streichen.
Landesregierungen und Kommunen werden im Antrag aufgefordert, in ihren Zuständigkeitsbereichen für einen konsequenten Schutz vor Passivrauchen in öffentlichen Gebäuden, Einrichtungen und Behörden Sorge zu tragen, insbesondere in Schulen und Krankenhäusern. Für den Deutschen Bundestag fordert der Antrag ein Rauchverbot in allen Sitzungsräumen, gastronomischen Einrichtungen und Verkehrsflächen.
Aktuell präferieren wir die Verankerung eines Rauchverbotes im Arbeitsschutzrecht. Da eine solche Regelung mit Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechte verbunden ist, ist eine gesetzliche (Arbeitsschutzgesetz) statt einer untergesetzlichen (Arbeitsstättenverordnung) Grundlage zu bevorzugen. Deshalb planen wir einen neuen Vorstoß – beim Arbeitsschutzgesetz. Wir wollen die hier eindeutig und unbestritten vorhandenen Bundeskompetenzen im Interesse des Schutzes vor Passivrauchen voll ausreizen.
Das grüne Eckpunktepapier „Schutz vor Passivrauchen“ greift das Thema umfassender als der Antrag auf und enthält weitergehende Forderungen, zum Beispiel zur Tabakwerbung und Tabaksteuer. Sie können es auf der Homepage der grünen Bundestagsfraktion unter: http://www.gruene-bundestag.de/cms/beschluesse/dokbin/137/137549.pdf abrufen.
Da in den letzten Monaten ein ständiges Hin und Her zwischen SPD, Union und Bundesministerien zu beobachten war, dass für Außenstehende kaum noch nachvollziehbar ist, hier noch einige Informationen zum Verlauf und zum aktuellen Stand der Diskussionen und Initiativen zum Schutz vor Passivrauchen auf Bundesebene:
Einzelne SPD-Angeordnete preschten im Juni 2006 mit einem Gruppenantrag zum Schutz vor Passivrauchen vor. Der Antrag wurde von verschiedenen Seiten – rechtlich, politisch und strategisch - kritisiert. Von uns Grünen initiierte Gespräche über ein interfraktionelles Vorgehen scheiterten. Im September 2006 wurden der Gruppenantrag und in Reaktion darauf auch unser grüner Antrag in den Bundestag eingebracht. Plötzlich nahmen die Fraktionsführungen von SPD und Union das Thema in die Hand – auf dem Tisch lag ein Vorschlag der sich eins zu eins an den Positionen des Verbandes der Cigarettenindustrie (VdC) orientierte und die Gastronomie faktisch ausnahm.
Wenig später wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, in der die für das Thema zuständigen Sprecherinnen von SPD und Union nicht einbezogen wurden. Anfang Dezember 2006 verkündete die Arbeitsgruppe ihr Ergebnis (z.B. Rauchverbot in Speise-, nicht jedoch in Schankgaststätten). Dieses wurde als fauler Kompromiss kritisiert, der weit hinter den europäischen Standard zurückfällt sowie politisch und rechtlich auf tönernen Füßen steht. Justiz- und Innenministerium reagierten schnell: der Vorschlag sei nicht verfassungsgemäß. Der Vorschlag war vom Tisch. Das war absehbar – verschiedene von uns initiierte Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages lagen hierzu vor. Am 13. Dezember stellten dann auch die beiden an der Arbeitsgruppe beteiligten Ministerien (Gesundheit sowie Landwirtschaft, Ernährung Verbraucherschutz) öffentlich dar, dass die Zuständigkeiten des Bundes in folgenden Bereichen bestehe: Öffentliche Einrichtungen des Bundes, Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst des Bundes und Öffentliche Verkehrsmittel. Zu diesem Ergebnis war die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen bereits im Juni 2006 gekommen. Inzwischen wurde von der Koalition die nächste Arbeitsgruppe gegründet – diesmal eine Arbeitsgruppe der Bundesländer in die VertreterInnen der Bundesregierung einbezogen werden sollen. Bis März 2007 sollen Ergebnisse vorgelegt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Rainder Steenblock