Frage an Pia Imhof-Speckmann von Anja M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Frau Imhof-Speckmann,
in den letzten Wochen konnte man immer wieder von antisemitischen Tendenzen in der Partei Die Linke lesen und es gab in Ihrer Partei breite Diskussionen zu diesem Thema. Mich würde interessieren:
1. Wie stehen Sie zum Existenzrecht Israels?
2. Wie ist Ihre Meinung zur Gaza-Flotille?
3. Wie ist Ihre Haltung zur Hamas?
Vielen Dank schon mal für Ihre Antworten.
Gruß A.Meyer
Sehr geehrte Frau Meyer,
danke für Ihre Anfrage!
Zu Beginn meiner Ausführung ist es mir sehr wichtig festzuhalten, dass Antisemitismus und Rassismus mit der Programmatik und Politik von DIE LINKE nicht vereinbar ist. Antisemitismus und jegliche Form des Rassismus verbieten sich für eine Partei, die den Anspruch hat, links und sozialistisch zu sein. Mit Rassisten darf es keinerlei Zusammenarbeit geben! Bei den „antisemitischen Tendenzen“ in der Partei DIE LINKE, die einige Medien entdeckt haben wollen und von denen berichtet wurde, ging es um unterschiedliche Beurteilungen der Blockade-Politik der israelischen Regierung. In der Beurteilung der Politik Israels gibt es unterschiedliche Auffassungen in der LINKEN. Kritik an der israelischen Regierungspolitik gibt es auch in Israel selbst: es wäre völlig absurd, diesen internen Kritikern der israelischen Regierungspolitik Antisemitismus zu unterstellen! Es mag sein, dass es in der LINKEN Menschen gibt, die andere Standpunkte als die „Zwei-Staatenpolitik“ (wie sie DIE LINKE offiziell vertritt und die nun auch ins Programm geschrieben werden soll) vertreten. Darüber kann und darf in einer pluralistischen Partei diskutiert werden.
Hier nun zur Beantwortung Ihrer Fragen:
1. Israel wurde am 14. Mai 1948, vor über 60 Jahren, gegründet. Wenig später war der junge Staat von den USA anerkannt, zwei Tage später auch von der Sowjetunion. Seit dem 11. Mai 1949 ist Israel Mitglied der Vereinten Nationen - und damit länger als die meisten anderen heute bestehenden Staaten. Außer dem Iran, der Hamas und noch Teile der Hisbollah stellt kein Staat und keine demokratische Partei in der BRD die Existenz Israels in Frage. DIE LINKE bekennt sich ausdrücklich zum Existenzrecht Israels - und dieser Position stimme ich ebenso ausdrücklich zu. Selbst die Palästinenser (1993 PLO) haben das Existenzrecht Israels schon vor fast 18 Jahren verbindlich anerkannt. Ein analoger Schritt der israelischen Seite, also die Anerkennung des Rechts der Palästinenser auf einen eigenen Staat, ist bis heute nicht erfolgt.
2. Nach meinem Verständnis handelt es sich bei der „Gaza Flotille“ um eine gewaltlose, rein humanitäre Hilfsaktion. In der „Zeit“ habe ich gelesen, dass „die Organisatoren internationale Organisationen dazu aufriefen, ihre Schiffe zu kontrollieren, damit klar werde, dass sie nur Hilfsgüter und Medikamente transportierten. Parlamentsabgeordnete aus Frankreich, Norwegen, Schweden und Spanien wollen an Bord gehen. Auch der schwedische Schriftsteller Henning Mankell unterstützt die Aktion.“ Der deutsche Bundestag hat 2010 eine Resolution verabschiedet, in der Israel dazu aufgerufen wird, die Blockade des Gaza Streifens zu beenden. Ähnliche Resolutionen hat auch die UNO verabschiedet. Und um eben genannte Resolutionen ins Bewusstsein zu rufen verstehe ich u.a. auch diese Solidaritäts-Aktion. Ich sehe nicht, wie dadurch das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird.
3. Grundsätzlich bin ich gegen jedweden religiösen Fanatismus, sei er christlich, jüdisch oder islamisch begründet. Die Hamas hat durch ihre religiös-fundamentalistische Politik dem Interesse der Palästinenser geschadet. Trotzdem darf es deshalb nicht sein, dass dadurch die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens, wegen der Politik einer religiös-fundamentalistischen Partei, unter menschenunwürdigen Bedingungen vegetieren muss. Ich verweise auf nachstehenden Link, der Rede von Gregor Gysi im Deutschen Bundestag, dem ich mich inhaltlich anschließe. http://www.linksfraktion.de/reden/wichtige-beziehungen-israel-aufrechterhalten-aber-staat-palaestina-unbedingt-anerkennen/
Mit freundlichen Grüßen
Pia Imhof-Speckmann