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Philipp Murmann
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Frage von Burckhard P. •

Frage an Philipp Murmann von Burckhard P. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herrr Murmann,

als Mitglied der CDU-SH möchte ich gerne wissen, ob Sie den EU-Rettungsschirm unterstützen und aus Europa eine Tranferunion machen wollen?

Mit freundlichen Grüßen

Burckhard Preuß

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Preuß,

vielen Dank für Ihre E-Mail zur derzeitigen Euro-Politik.

Ich nehme Ihre Sorgen und die Sorgen vieler anderer, die an mich herangetragen werden, sehr ernst.
Die Zustimmung zum erweiterten ESFS halte ich aber für unbedingt notwendig, denn:

1. Ich persönlich glaube, dass wir mit dem "Rettungsschirm" ESFS einen großen Schritt weiter kommen, denn die Sanktionsmechanismen wurden verschärft und das Instrumentarium (auch durch die Möglichkeit des Anleihekaufs) so erweitert, dass die Ansteckungsgefahr selbst bei einem Default Griechenlands tatsächlich deutlich geringer ist. Der ESFS kann vor allem genutzt werden, um betroffene Banken zu stützen und eine Ansteckungsgefahr zu begrenzen. Außerhalb von Griechenland werden im Moment keine Probleme gesehen. Portugal und Irland entwickeln sich derzeit besser als erwartet.

2. Ich bin fest davon überzeugt, dass es sich lohnt, diese Risiken einzugehen, um die EU und den Euro insgesamt zu stabilisieren. Die Bundesregierung hat sich in vielen Bereichen durchgesetzt, so dass jetzt überall die Messlatte hoch hängt und die Länder nun auch entsprechend handeln (wie z.B. Spanien und Italien in diesen Wochen).

3. Die Wiederherstellung der Stabilität entsprechend der Maastricht Kriterien (die sich insgesamt ja als geeignet und sehr richtig erwiesen haben) wird einige Zeit in Anspruch nehmen, daher brauchen wir einen längerfristigen Mechanismus. Es wurden in der Vergangenheit zwei grobe Fehler gemacht:
a) die Aufweichung der Kriterien durch starke Länder wie Frankreich und Deutschland (übrigens unter Bundeskanzler Schröder) und
b) die Aufnahme und laxe Kontrolle von Staaten, die die Kriterien nicht erfüllen konnten – vor allem Griechenlands (damals übrigens gegen die Stimmen der CDU Fraktion). Diese Fehler dürfen sich natürlich nicht wiederholen.

4. Die Einführung von Eurobonds halte ich für falsch, denn ich glaube, dass gerade die hohen Zinsen für risikoreichere Staaten ein wichtiger Sanktionsmechanismus sind, den wir nicht aufgeben dürfen. Immerhin hat das mit dazu geführt, dass selbst Staaten wie Frankreich und Italien jetzt Sparmaßnahmen ergreifen und sogar eine Schuldenbremse einführen – das war vor einigen Monaten noch undenkbar. Außerdem würde eine Angleichung des Zinsniveaus Deutschland nach aktuellem Stand rd. 40 Mrd. € p.a. kosten. Eurobonds würden nur Sinn machen, wenn es eine starke europäische Finanzregierung gäbe, die aber nach heutigem Verfassungsstand nicht möglich ist und nach meiner Meinung für Deutschland auch nicht sinnvoll wäre.

5. Insgesamt bietet der Euro wichtige Chancen für unsere europäische Wirtschaft in der Welt. Man darf hier nicht nur auf kurzfristige Nervositäten reagieren, sondern muss die Sache mit langfristiger Strategie angehen. Erstmals gibt es eine wirkliche Alternative zum USD, die in vielen asiatischen und südamerikanischen Ländern mit großem Interesse verfolgt wird – gerade auch angesichts der großen Probleme des USD.

6. Immerhin hat uns Europa auch 60 Jahre Frieden und Wohlstand gebracht. Auch daran sollte man bei der Abwägung von Alternativen immer denken, wie viele „Alteuropäer“ (u.a. auch H. Kohl und H.D. Genscher) zu Recht einfordern. Das bedeutet aber auch, dass alle an einer Stabilisierung Europas aktiv mitarbeiten müssen und zwar nach dem vereinbarten Subsidiaritätsprinzip – erst die eigenen Anstrengungen und dann die Solidarität der Gemeinschaft.

Und abschließend bei aller Kritik: eine wirklich zu Ende gedachte gute Alternative, die auch umsetzbar ist (ohne Staats- oder EU Verträge zu brechen), habe ich bisher noch nicht vernommen. Und der Austritt Deutschlands aus dem Euro kann ja wohl kaum eine ernstgemeinte Alternative sein! Das sehen übrigens auch alle großen Wirtschaftsverbände so.

Die Bewertung des Zusammenhalts Europas und auch des Euro hat nicht nur finanzielle, sondern auch politische Aspekte.
Das Ziel muss es sein, ein „Gesamt-Optimum“ zu erreichen:
- mit einem starken Deutschland (ad 1),
- mit einer guten Währung (ad 2)
- in einem starken Europa (ad 3).

Lieber Herr Preuß, ich hoffe, ich konnten Ihnen meinen Standpunkt verdeutlichen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Ihr
Dr. Philipp Murmann, MdB