Frage an Philipp Murmann von Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Moin moin Herr Murmann.
Sie haben für die Vorratsdatenspeicherung (im Folgenden mit VDS abgekürzt) gestimmt.
VDS ist per Definitionem die anlasslose,zunächst zweckfreie Speicherung von personenbezogenen Daten.
Sie widerspricht damit dem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung (vgl. Volkszählungsurteil https://openjur.de/u/268440.html u.a. Abschnitt 172).
Bereits 2010 hat das Verfassungsgericht die VDS als unvereinbar mit Art 10 GG eingestuft.
Die EU verlangte seinerzeit die VDS.
Die EU-Richtlinie wurde vom EuGH als grundrechtswidrig eingestuft.
Damit unterstützen Sie ein Gesetz,das gegen Grundrechte auf nationaler und EU-Ebene verstößt.
Nun zu meinen Fragen :
ist es Ihre Intention,mit Ihrem Abstimmungsverhalten die Grundrechte einzuschränken ?
Welchen Wert messen Sie dem Grundgesetz bei ?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kalinka
Sehr geehrter Herr Kalinka,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Europäische Gerichtshof haben die Vorratsdatenspeicherung per se verboten. Nur die konkreten gesetzlichen Ausgestaltungen müssen den europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen. In der Großen Koalition sind wir davon überzeugt, mit dem nun beschlossenen Gesetz diesen Vorgaben zu entsprechen - von einer Einschränkung der Grundrechte kann also nicht die Rede sein.
Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung u.a. bei der Aufklärung von Gewaltverbrechen wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung. Das gleiche gilt bei der Verfolgung terroristischer Verbrechen, zur Namhaftmachung von Mitgliedern terroristischer Netzwerke oder von solchen in der Organisierten Kriminalität. Telekommunikationsverbindungsdaten spielen aber auch bei der Aufklärung von schweren Straftaten eine wichtige Rolle, bei denen das Internet als Tatmittel genutzt wurde, zum Beispiel bei der strafrechtlichen Verfolgung der Kinderpornographie. In diesen Fällen ist die aufgezeichnete IP-Adresse oftmals der erste und zunächst einzige erfolgversprechende Ermittlungsansatz für weitere Maßnahmen und daher unverzichtbar. Die Nutzung dieser Daten ist im Übrigen an sehr hohe rechtstaatliche Auflagen geknüpft.
Selbstverständlich steht das Grundgesetz für mich an erster Stelle - auch deswegen scheint mir die Ausgestaltung der jetzt verabschiedeten Regel auch sinnvoll und angemessen um einerseits die Persönlichkeitsrechte in höchstmöglichem Umfang zu schützen aber gleichzeitig auch gegen die Verletzung dieser Rechte auch im digitalen Zeitalter zielgerichtet vorgehen zu können. Das sichert unsere Freiheit auf der einen und gewährleistet unsere Sicherheit auf der anderen Seite.
Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort von Ende Mai dieses Jahres.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Philipp Murmann