Philipp Gliesing
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Frage von Marco G. •

Frage an Philipp Gliesing von Marco G. bezüglich Umwelt

Im November 2013 hat es in Thüringen die erste offiziell bestätigte Wolfssichtung gegeben. Ein halbes Jahr später gelang der Nachweis eines zweiten Wolfes. Thüringen hat zwar bereits einen Managementplan zur Rückkehr dieser Beutegreifer, der jedoch von Artenschützern als unzureichend eingestuft wird. Unterdessen sind viele Schäfer unzufrieden und befürchten im Stich gelassen zu werden. Dabei gibt es wertvolle Erfahrungen aus anderen Teilen Deutschlands. Auch wenn diese nicht eins zu eins auf Thüringen übertragen werden können, sehe ich hier Handlungsbedarf seitens der Politik. Wolfsforscher und Tierschützer allein werden mit den komplexen Problemen nicht fertig werden. Ist Artenschutz, insbesondere Wolfsschutz, ein Thema für Sie und welche Ideen oder Ziele würden Sie in der kommenden Legislaturperiode diesbezüglich in das Landesparlament tragen?

Philipp Gliesing
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Görlach,

seit Jahrhunderten gestaltet sich der Mensch die Umwelt nach seinen
Bedürfnissen um. Dabei zerstörte er Lebensräume, verdrängte wichtige
Glieder natürlicher Regelkreise und rottete zahlreiche Arten aus, bis
schließlich ganze Ökosysteme kollabierten. Im Ergebnis von Natur- und
Artenschutz kommt es zu einer höheren Biodiversität und damit zur
Erholung ganzer Landstriche.

Die Ökosysteme werden allmählich wieder stabiler und gesünder. Ein
Beispiel ist die Rettung des Wisent und sein Einsatz zur
Landschaftspflege, wie es in meinem Wahlkreis durch die Arbeitsgruppe
Artenschutz Thüringen e.V. realisiert wird.

Diese Prozesse sind unbedingt zu begrüßen und fortzusetzen, da sie auch
die Grundlagen menschlicher Existenz sichern. Entsprechend gibt es aber
noch viel zu tun!

Ich freue mich darüber, dass nun wieder größere Beutegreifer wie Wolf,
Luchs, Wildkatze und Fischotter nach Thüringen zurückkehren! Allerdings
führt das zwangsläufig auch zu Interessenkonflikten. Dort wo sich der
Wolf ansiedelt, wachsen berechtigte Befürchtungen unter Viehzüchtern.
Nach den ersten offiziell bestätigten Wolfssichtungen ist es nur noch
eine Frage der Zeit, bis sich in geeigneten Lebensräumen auch Wolfsrudel
etablieren. Es ist wichtig, alle direkt von Veränderungen betroffenen
Personengruppen zusammenzubringen und auf eine solche Entwicklung
vorzubereiten.

Thüringen hat seit 2013 einen Wolfsmanagementplan, stellt Rissgutachter,
sieht Entschädigungen von Rissschäden sowie Förderungen von
Herdenschutzmaßnahmen vor. Jedoch bleiben Fragen und Unsicherheiten, und
Geld fließt derzeit noch lange nicht. Schäfer fühlen sich allein
gelassen, haben in dieser Frage kein Vertrauen in Behörden und Politik.
Ich denke, Herdenschutz ist auch Wolfsschutz! Der Thüringer
Managementplan ist dringend verbesserungsbedürftig! Wenn er überarbeitet
wird, sollten auch gleich bürokratische Hürden ausgeräumt werden.
Thüringer Viehzüchter müssen bei Bedarf zügig und unbürokratisch direkte
und praktische Unterstützung erhalten!

Neben den Schäfern und anderen Viehzüchtern liegen mir aber auch andere
Interessengruppen am Herzen, wie die Jägerschaft, die Förster und die
Waldbesitzer. Um schließlich alle Interessen, Probleme und notwendigen
Veränderungen berücksichtigen zu können, müssen aber auch Alle an einen
Tisch! Artenschützer und Wolfsforscher gehören mit ihrem KnowHow dazu.
Veränderungen wird es geben! Wenn wir es aber richtig anstellen, kann es
nur Gewinner geben! Dabei denke ich auch an den Ökotourismus - „Grüner
Tourismus im Grünen Herzen Deutschlands“ mit Wildtierbeobachtungen,
Fotosafaris und Abenteuer Wolfsforschung. Ähnlich wie es uns die
Lausitzer vormachen.

Einer Umfrage zufolge sind über 80 Prozent der Thüringer für die
Rückkehr der Wölfe. Damit das so bleibt, setze ich mich auch für mehr
wissenschaftlich fundierte Aufklärung künftiger Generationen ein! Unsere
Kinder sollen mit einem erweitertem Bewusstsein für die Natur
heranwachsen. Dem Märchen von "Rotkäppchen und der Wolf" muss eine
zeitgemäße Umweltbildung auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse
folgen. Nur so werden sie später erfolgreich den Frieden zwischen
Menschen und Natur schließen können. Dies gilt vor allem auch für
konfliktträchtige Arten wie Wolf, Luchs, Bär und Biber, aber auch für
Greifvögel und andere.

Die Hauptmarschrichtung stimmt schon jetzt. Aber es muss weitergehen.
Das Zusammenleben oder wenigstens das Nebeneinander von Menschen und
Wildtieren, insbesondere Beutegreifern, ist eine Herausforderung für die
gesamte Gesellschaft. Die Landespolitik kann und muss hier noch mehr
leisten.

Dazu braucht es auch Menschen, die sich wie Sie einbringen und gemeinsam
mit Naturschutzverbänden und -vereinen vor Ort mit sachlichen Argumenten
aufklären und um Verständnis werben.

Vielen Dank. Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Gliesing