Frage an Petra Zais von Peter P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zais,
als Sprecher der Bürgervereinigung Markersdorf-Süd bewegen mich folgende Probleme.
Demokratie lebt von bürgerschaftliches Engagement, vom sich einmischen, sich einbringen, vom streben nach Veränderung, genauso wie vom bewahren von Bewährten und Vertrauten. Dazu ist von Staat und Politik der Handlungsrahmen zu schaffen.
Wie wollen Sie das leider häufig gestörte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Staat und seine Institutionen, sowie der Politik und ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern überwinden?
Was für Vorstellungen haben Sie die Menschen besser zu informieren, in sie interessierenden Fragen einzubeziehen und bei sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen?
Wie wollen Sie den Menschen bei juristische Spitzfindigkeiten oder bürokratischen Hürden helfen?
Oft sind die Probleme von Sachzwänge und Interessengegensätze geprägt.
Was sind ihre Vorstellungen zur Schaffung von Möglichkeiten, damit die Bürgerinnen und Bürger sich entsprechend ihren Vorstellungen, Zeit- und Kraftressourcen einbringen können und dabei Freude und Genugtuung an gesellschaftlicher Arbeit erleben.
Die Menschen müssen wieder erkennen es lohnt sich, nur Demokratie und Freiheit und nicht der „starke Mann“, der Führer oder wie er sich sonst nennen mag egal ob politisch oder religiös, kann die Probleme lösen. Mitmenschlichkeit, Humanismus und Solidarität sollten in der Gesellschaft wirklich bestimmend sein.
Was wollen Sie also gerade als Bundestagsabgeordneter konkret tun, um unsere Gesellschaft ein Stück bürgerfreundlicher zu gestalten? Wie stehen sie zu einer Entwicklung der demokratischen Strukturen und welchen eigenen Beitrag wollen sie dabei leisten? Wie sehen sie gerade im Prozeß der Wahrheitsfindung ihre Rolle? Wie stehen sie überhaupt zur direkten Demokratie oder sollten die bestehenden Einrichtungen nur etwas transparenter also kosmetisch überarbeitet werden?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Pitsch
Sehr geehrter Herr Pitsch,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Was Sie aus Ihrer Erfahrung als Sprecher einer Chemnitzer Bürgerinitiative beschreiben, kann ich nachvollziehen, denn es deckt sich mit meinen Erfahrungen aus der Stadtratsarbeit. Immer dann, wenn sich Bürgerinnen und Bürger für eine konkrete Sache in ihrem Stadtteil engagieren, sich einmischen und Veränderung wollen, lebt die Demokratie. Deshalb haben wir GRÜNE auch einen Antrag in den Stadtrat eingebracht, der genau die von Ihnen zu Recht geforderten Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement in Form einer Bürgerbeteiligungssatzung zum Inhalt hatte. Gleiches gilt für die Einführung des Bürgerhaushaltes in unserer Stadt Chemnitz. Der Bürgerhaushalt beginnt langsam zu leben, in verschiedenen Stadtteilen können BürgerInnen erstmals über eine bestimmte Summe für kleinere Projekte selbst entscheiden. Damit ist ein Anfang gemacht und ich werde als Mitglied in der Lenkungsgruppe den Bürgerhaushalt in seiner Entwicklung weiter begleiten. Trotz der Zustimmung des Stadtrates zur Erarbeitung der Bürgerbeteiligungssatzung hat es die Verwaltungsspitze bisher nicht geschafft, diese dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Unser Ziel als GRÜNE war und ist, dass den BürgerInnen garantierte Rechte im Rahmen von Beteiligungsverfahren eingeräumt werden und die Stadtverwaltung die Pflicht zur Erarbeitung von Beteiligungsprozessen und Transparenz von Entscheidungen - über den formalen gesetzlichen Rahmen hinaus - hat. Wir wollen mehr als die - meist als Informationsveranstaltung ausgelegten - freiwilligen Einwohnerversammlungen in den Stadtteilen. Zumal diese ohne inhaltliche Beteiligung des Stadtrates allein nur von der Oberbürgermeisterin und der Verwaltungsspitze vorbereitet und durchgeführt werden. Das ist für mich nicht zufriedenstellend und ich werde weiter an der Umsetzung unseres Stadtratsbeschlusses arbeiten.
Sie fragen weiter, was ich als Bundestagsabgeordnete konkret tun will, um unsere Gesellschaft ein Stück bürgerfreundlicher zu machen. Wenn ich in den Bundestag gewählt werde, will ich wie im Stadtrat arbeiten. D.h. meine AuftraggeberInnen sind die Menschen meiner Stadt, die mich für mein soziales und ökologisches Engagement gewählt haben. Ich seh mich aber auch als Interessenvertreterin der Menschen, die meist keine Lobby haben. Menschen ohne oder mit nur eingeschränkten Rechten wie MigrantInnen und Asylsuchende. Ich will Menschen und ihre Ideen zusammenbringen, Ansprechpartnerin sein, Hilfe vermitteln, Partner für die Umsetzung von Ideen suchen und Anregungen zur Veränderung von hemmenden Vorschriften u. ä. aufgreifen und in die Debatte in der Fraktion und im Bundestag einbringen. So stell ich mir die Arbeit als Bundestagsabgeordnete vor.
Zur direkten Demokratie habe ich eine grundsätzlich positive Haltung. Mehr direkte Demokratie, auch auf Bundesebene macht mir keine Angst. Ich bin überzeugt davon, dass die Entscheidungen mündiger BürgerInnen dem politischen Klima unseres Landes gut zu Gesicht stehen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Zais